Gesundheitsbezogene Werbung für Safranextrakt, Ginkgo und andere pflanzliche Inhaltsstoffe ist in der EU bis auf weiteres verboten. Das Verbot gelte so lange, bis die EU-Kommission die werblichen Aussagen geprüft und in die dafür vorgesehen Liste aufgenommen habe, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Vor allem für den wachsenden Markt mit Nahrungsergänzungsmitteln außerhalb der Apotheke dürfte das Urteil spürbare Folgen haben. Die Phytohersteller dürften dagegen nach Jahren aufatmen.
Konkret geht es um ein Verfahren gegen die Hamburger Firma Novel Nutriology. Sie bewarb ein Nahrungsergänzungsmittel damit, dass es ein stimmungsaufhellendes Safranextrakt sowie ein Melonensaftextrakt enthalte, das Stressgefühle und Erschöpfung abbaue. Zugrunde gelegt wurde eine Untersuchung an 50 Teilnehmern über einen Zeitraum von 30 Tagen; die Probanden berichteten laut Herstelller über eine Verbesserung des emotionalen Gleichgewichts und der Schlafqualität, sie fühlten sich optimistischer und glücklicher, aber auch entspannter und dynamischer.
Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) sah darin eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe und klagte. Sowohl Landgericht als auch Oberlandesgericht Hamburg entschieden gegen den Hersteller.
Eigentlich regelt eine Liste der EU, welche gesundheitsbezogenen Angaben zulässig sind. Sie schreibt zum Beispiel vor, wann genau die Aussage rechtens ist, dass das Vitamin Biotin zu einer normalen Funktion des Nervensystems beiträgt.
Anträge, Werbeaussagen zu sogenannten Botanicals in diese Liste aufzunehmen, wurden von der zuständigen Behörde allerdings in großer Zahl abgelehnt – auch mangels Studien. In der Folge legte die Kommission die Prüfung auf Eis – die Hersteller entsprechender Präparate vertraten die Position, dass damit ihre Aussagen weiter erlaubt seien.
Ob diese noch nicht in die Liste aufgenommenen Werbeaussagen zulässig sind, war Kern des aktuellen Verfahrens am EuGH. Die Richterinnen und Richter verneinten das in ihrem Urteil. Ausnahmen seien möglich, sofern eine gesonderte Regelung bestehe: Denn tatsächlich gibt es eine Übergangsfrist, nach der Unternehmen, die vor dem 19. Januar 2008 einen Antrag gestellt hatten, ihre Aussagen vorerst weiter verwendet dürfen. Das sei im vorliegenden Fall, der vom Bundesgerichtshof (BGH) an den EuGH verweisen wurde, allerdings nicht der Fall.
Die Health-Claims-Verordnung stammt aus dem Jahr 2006. Ihr zufolge dürfen je nach Inhaltsstoff nur bestimmte gesundheitsbezogene Aussagen verwendet werden, die wissenschaftlich bewertet und von der EU-Kommission zugelassen sind. Rund 200 dieser Health Claims hatte die Lebensmittelbehörde EFSA bereits abgenickt, darunter jedoch keine zu Produkten auf pflanzlicher Basis.
Europaweit werden allerdings von vielen Herstellern rund 200 weitere Claims verwendet – die weder wissenschaftlich fundiert, noch von der EFSA zugelassen wurden. Untätigkeitsklagen etwa der Phytohersteller Bionorica und Dr. Willmar Schwabe sowie dem Zulassungsdienstleister Diapharm wurden vom EuGH vor Jahren abgewiesen.
Im September 2015 wies das Gericht der Europäischen Union (EuG) die Klage ab. Die Richter unterstellten Bionorica, selbst ein Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln zu sein und von der Übergangsregelung zu profitieren. Außerdem habe die Firma nicht nachgewiesen, tatsächlich einen finanziellen Nachteil erlitten zu haben.
Also ging Bionorica in die nächste Instanz, den EuGH. Dort scheiterte der bayerische Mittelständler aber Ende 2017 erneut. Zwar stellte das Gericht eine Untätigkeit der EU-Kommission fest, dennoch wurde die Klage ebenfalls abgewiesen. Der Grund für die Abweisung war dieses mal ein formaler: Bionorica, so der EuGH, sei kein Hersteller von Lebens-, sondern von pflanzlichen Arzneimitteln. Deswegen habe das Unternehmen kein Rechtsschutzinteresse.
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