Seniorenrat

Wo ist hier der Stockhalter?

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Berlin -

Die Mitglieder des Ellwanger Seniorenrats kommen in friedlicher Mission, aber durchaus mit klar definierten Wünschen. Denn sie wissen: Oft sind es kleine Dinge, die den Alltag erleichtern. Der Stockhalter am Tresen zum Beispiel. Mit freien Händen lässt es sich einfacher bezahlen. Die Rampe finden auch alle gut.

Mit der Apotheke am Markt sind die Senioren sehr zufrieden. Apotheker Jens Boving hört nämlich gern zu. „Die Gespräche mit dem Seniorenrat sind unverbindlich. Sie geben uns Impulse, das ein oder andere zu verbessern.“ Ein Ruhebereich in der Nähe der Kasse? Wunsch erfüllt. Stockhalter am Tresen? Bitte sehr, wird demnächst erledigt. Über barrierefreie Zugänge freuen sich nicht nur ältere oder gebrechliche Menschen, auch Familien mit Kinderwagen kann man damit zufriedenstellen. Deshalb spricht Boving auch lieber von „generationengerecht“ als „behindertengerecht“.

Die Zielgruppe derer, die sich über kleine, praktische Erleichertungen freuen, sieht Boving bei rund 5 Prozent seiner Kundschaft. Es ist eine Investition in die Zukunft. Im Jahr 2009 lebten in Deutschland über 1,5 Millionen Menschen, die über 85 Jahre alt waren, Mitte der 50er-Jahre werden es rund sechs Millionen sein. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 9 Prozent.

„Ich bin der Hauptmufti vom Seniorenrat“, erzählt Hermann Betz, 74 Jahre alt und gut gelaunt. Er ist Seniorenratsvorsitzender und Berufssoldat an der Pionierschule München im Ruhestand. Der Rat wurde vor 17 Jahren von der Stadt initiiert. „Damals hat der Bürgermeister zu einem Runden Tisch eingeladen.“

Heute hat der Seniorenrat rund 250 Mitglieder. „Derzeit ist der seniorenfreundliche Service unser Hauptthema“, sagt Betz. „Wir besuchen Geschäfte und Einrichtungen und testen sie. Ein besonders kniffliges Thema ist der barrierefreie Zugang im Ort, denn bei den vielen alten Häusern ist es wegen des Denkmalschutzes nicht immer einfach.“

Er lobt die Apotheke am Markt: „Herr Boving hat mustergültig vorgemacht, wie es gehen kann. Man darf bei ihm im Notfall telefonieren, es gibt Sitzgelegenheiten zum Ausruhen und man bekommt ein Glas Wasser.“

„Ich kann jeden Kollegen nur ermuntern, das Gespräch zu suchen. Wir erfahren vom Seniorenrat, was wir besser machen können“, sagt Boving. So ist eine Automatiktür für jeden Kunden eine bequeme Sache, jemand, der gehbehindert ist oder Schulterschmerzen hat, wird sich doppelt darüber freuen.

Der Seniorenrat Ellwangen wünschte sich in der Apotheke mehr als die üblichen zwei Meter Abstand zwischen den Tresen. „Wir haben drei Meter“, sagt Boving. Weil er es genauso sieht wie die Experten.

In engem Kontakt mit Denkmalschutz und Seniorenrat hat der Eigentümer die Rampe der Apotheke neu gebaut. „Das Haus steht unter Denkmalschutz, die Stadt hat es genehmigt. Das Engagement des Seniorenrates führt in der Verwaltung zum Umdenken. An meinem alten Standort hatte ich 2002 eine Rampe geplant, die wurde abgelehnt. Von sieben Ellwanger Apotheken sind mittlerweile fünf barrierefrei.“ Als Alleinstellungsmerkmal hätte die perfekte Rampe damit ausgedient, aber die Zufriedenheit ist insgesamt größer.

Insgesamt hat Boving für die Erfüllung der Wünsche des Seniorenrates rund 3000 Euro ausgegeben. Natürlich kostet der größere Tresenabstand indirekt Geld, weil dadurch Verkaufsfläche verloren geht. Wasser, ein gemütlicher Sessel zum Ausruhen und Stockhalterungen hingegen sind keine großen Investitionen. „Jede Branche steht mit dem Internet in Konkurrenz“, sagt der Apotheker. Wer mit wie er mit Stockhalter oder neuer Rampe punktet, macht im Idealfall seine Kunden zu Stammkunden.

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