DDR-Kaufhalle wird zur Apotheke

„Wir sitzen in der Gemüseabteilung“

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Berlin -

In Potsdam hat die Humboldt-Apotheke geholfen, ein Stück Lokalkolorit zu erhalten: Denn sie ist einer der drei Mieter einer ehemaligen DDR-Kaufhalle, die 2018 vor dem Aus stand. Seit der Wiedervereinigung diente sie als Supermarkt, als der jedoch pleite ging, war ihre Zukunft ungewisse. Seit ziemlich genau einem Jahr befinden sich in ihr nun eine Apotheke und zu deren Glück auch noch eine Sozialstation und eine Kinderarztpraxis.

„Wir sitzen in der Gemüseabteilung direkt hinterm ehemaligen Eingang der Kaufhalle“, sagt Inhaberin Inken Jung. Wer aus den ostdeutschen Bundesländern kommt, kennt die typische DDR-Kaufhallen- und Warenhausarchitektur, über die Architekten schon ganze Bücher geschrieben haben. Tatsächlich blieb die Kaufhalle in der denkmalgeschützten Potsdamer Brunnen-Siedlung den Anwohnern auch über die Wiedervereinigung hinaus erhalten: Ein Ehepaar hatte darin auf 460 Quadratmetern jahrzehntelang erst einen Spar- und danach einen Edeka-Markt betrieben. Doch Ende 2018 war Schluss, die Zukunft des Gebäudes ungewiss. Es wurden Mieter für eine Nachnutzung gesucht, um den verglasten Flachbau nicht abreißen.

Da war Jung zur Stelle. „Ich hatte vorher schon einmal mit der Gegend hier geliebäugelt, weil sie vom Baustil her wirklich schön ist, eine gute Anwohnerstruktur hat, aber die nächste Apotheke ziemlich weit entfernt war“, erzählt sie. „Damals waren die Räumlichkeiten, über die ich nachgedacht hatte, nicht für eine Apotheke geeignet.“ Bereits seit 1996 betreibt sie die Heinrich-Mann-Apotheke in Potsdam und hat auch deshalb schon seit Jahren Verbindungen zu einer Praxis, die nur zwei Häuser entfernt von ihrer neuen Apotheke liegt. Von dort erhielt sie auch den Tipp, dass Nachmieter für die 1957 erbaute Kaufhalle gesucht werden.

Bis zur Eröffnung dauerte es dann aber noch fast das ganze Jahr 2019 – der Sanierungsbedarf war hoch. „Es war ein großer Kraftakt, denn so ein altes Gebäude hat natürlich auch ein paar sehr gruselige Ecken. Der Keller sah aus wie ’45!“, sagt sie. „Aber der Architekt, der das Gebäude wiederhergerichtet hat, hat zum Glück einen sehr guten Sinn für Ästhetik.“ Außerdem ist die Perspektive gut: Gegenüber entstehen auf dem Gelände eines ehemaligen Tramdepots rund 300 neue Wohneinheiten, das Viertel wächst also und damit auch die Nachfrage.

Vor einem Jahr eröffnete die Apotheke dann – kurz vor Beginn der Pandemie. „Es hat sehr gut angefangen, ist dann aber wegen der Coronakrise stark eingebrochen. Wir hatten am Anfang schon zu kämpfen, denn ist nicht leicht, wenn man noch nicht so bekannt ist“, sagt sie. Glück im Unglück war, dass sie zu Beginn, als kaum jemand Masken auf Lager hatte, damit gut ausgestattet war. „Wir waren eine der wenigen Apotheken in der Gegend, die im Frühjahr immer Masken hatte“, sagt sie. Der Start war also unverschuldet holprig, mittlerweile hat sich ihr Betrieb aber gefangen. „Es wird total gut angenommen und vor allem die älteren Kunden freuen sich, dass wir jetzt hier sind.“

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