Transplantations-Skandal

Freispruch für Göttinger Arzt bestätigt

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Freispruch eines Arztes im Göttinger Transplantations-Skandal bestätigt. Der 5. Strafsenat des BGH in Leipzig verwarf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Landgerichts Göttingen. Diese hatte eine Verurteilung des angesehenen Transplantationsmediziners wegen versuchten Totschlags gefordert. Durch Manipulationen medizinischer Daten hatte der Arzt seine Patienten auf den Wartelisten für eine Spenderleber nach oben gebracht.

Schon das Göttinger Gericht hatte die Manipulationen als moralisch verwerflich gebrandmarkt. Auch der Vorsitzende Richter des 5. Strafsenats, Günther Sander, sagte: „Ein solches Verhalten findet der Senat unerträglich.“ Da nach dem Göttinger Fall ähnliche Mauscheleien an anderen Transplantationszentren bekannt wurden, habe man den Eindruck, „einen systematischen Missbrauch zu erleben“, sagte Sander. „Das empfinden wir als Katastrophe für die deutsche Medizin.“

Strafrechtlich sei der Göttinger Mediziner aber nicht zu belangen. Er habe nicht mit einem Tötungs- oder Körperverletzungsvorsatz gehandelt. Nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts habe der Arzt gewusst, dass andere, auf der Warteliste überholte Patienten, wegen eines „Überangebots an Spenderlebern“ dennoch ein Organ angeboten bekommen würden. Der Angeklagte habe „begründet darauf vertraut“, dass diese Menschen nicht sterben würden, sagte Sander.

Welche Auswirkungen dieses Urteil des Bundesgerichtshof auf andere angeklagte Ärzte haben wird, ist noch offen. Verfahren sind zum Beispiel in Leipzig, München oder Berlin anhängig. Die Vertreterin der Bundesanwaltschaft, Oberstaatsanwältin Andrea Sewtz, erklärte in Leipzig, es handele sich um eine Einzelfallentscheidung, die „keinerlei Bindungswirkung für alle noch weiter offenstehenden Verfahren“ haben könne.

Der Verteidiger des Göttinger Arztes, Steffen Stern, hob außerdem hervor, dass der 5. Strafsenat auf große rechtliche Defizite im deutschen Transplantationswesen hingewiesen habe. Die Kammer habe praktisch eine Reform angestoßen.

Diese fordert auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz. „Um Patienten zu schützen und Gerechtigkeit herzustellen, muss das Transplantationssystem in staatliche Hände übergeben werden. Das Urteil des Bundesgerichtshofes ist ein Weckruf für den Deutschen Bundestag und für den Bundesgesundheitsminister“, erklärte Vorstand Eugen Brysch.

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