Prozess wird fortgesetzt

Rezeptfälscher gegen Auflage aus U-Haft entlassen

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Berlin -

Es ist einer der spektakulärsten Betrugsfälle im Apothekenwesen: Ein Trio aus Brandenburg hat vor Gericht ausgepackt, die Verhandlung vor dem Landgericht Nordhausen geht in der kommenden Woche weiter. Die beiden mutmaßlichen Haupttäter wurden jetzt gegen Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen. Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt.

Der 61-jährigen Apothekerin Heike K., ihrem 58-jährigen Ehemann Manfred K. und der 35-jährigen PTA Jennifer R. wird gemeinschaftlicher und gewerbsmäßiger Betrug in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in 45 Fällen vorgeworfen. Um mehr als 80.000 Euro sollen sie die Krankenkassen betrogen haben, indem sie mit erschlichenen Patientendaten Rezepte fälschten, in verschiedenen Apotheken im gesamten Bundesgebiet einlösten und die Arzneimittel dann in den beiden Apotheken von Heike K. weiterverkauften.

Während die PTA schon gegenüber der Polizei die Taten eingeräumt hatte, waren die Apothekerin und ihr Mann erst zum Prozessauftakt am 24. Oktober geständig. Heike und Manfred K. sitzen wegen Verdunklungsgefahr seit Mitte Mai ein, Jennifer R. war nach ihrem Geständnis schon früher wieder auf freiem Fuß. Am Ende des ersten Verhandlungstags stellten die Verteidiger der beiden Anträge auf Aufhebung des Haftbefehls. Daraufhin entspann sich eine Diskussion, ob das Gericht dem nachgehen solle. Die Verteidiger argumentierten, dass mit den umfassenden Geständnissen keine Verdunklungsgefahr mehr bestehe. Oberstaatsanwalt Gert Störmer widersprach dem vehement: Nach wie vor gebe es Unklarheiten zum Hergang der Taten, außerdem seien für die folgenden Verhandlungstage Zeugen geladen. Es bestehe die Gefahr, dass Heike und Manfred K. zwecks Beeinflussung an diese herantreten. Einer der geladenen Zeugen war als approbierter Apotheker im Betrieb von Heike K. angestellt. Die vorsitzende Richterin folgte Störmers Argumentation und wies die Anträge für die anwesenden Prozessbeobachter überraschend zurück.

Anders beim zweiten Verhandlungstag: Die beiden anderen Haftbefehle wurden nunmehr ebenfalls „außer Vollzug gesetzt“, wie Störmer bestätigte. Im Fall von Heike K. gegen Auflagen und Meldepflicht, bei ihrem Mann gegen Zahlung von 10.000 Euro Kaution. Diese wurde in der vergangenen Woche eingezahlt, das Gericht hat die sofortige Entlassung angeordnet. Störmer weist darauf hin, dass die Haftbefehle nicht aufgehoben wurden und bei Bedarf wieder in Kraft gesetzt werden können. Verdunklungsgefahr besteht nach Überzeugung des Gerichts also nicht mehr.

Beim zweiten Verhandlungstag am 11. November wurden unter anderem Fotos von einem Hotelzimmer in Augenschein genommen, in dem Manfred K. und Jennifer R. bei einer ihrer Touren übernachtet hatten. Die beiden waren im Trio dafür verantwortlich, die Rezepte in anderen Apotheken einzulösen – was mit einigem Aufwand betrieben wurde. Die Betrugsmasche an sich ist weitestgehend aufgeklärt, die Staatsanwaltschaft ist sich aber über die jeweilige Motivlage der Angeklagten noch nicht restlos im Klaren.

Einzig im privaten Bereich fallen die Aussagen nämlich auseinander: Während PTA Jennifer R. angab, ein sexuelles Verhältnis mit Manfred K. gehabt zu haben, stritt dieser das ab. Für die Schuldfrage ist das mit Blick auf ein möglicherweise über das wirtschaftliche hinausgehende Abhängigkeitsverhältnis relevant, weshalb die Frage ausgiebig besprochen wurde. Die Staatsanwaltschaft glaubt aber Beweise dafür zu haben, dass die Version der PTA stimmt.

Zu diesem Komplex wird am kommenden Montag erneut eine Zeugin gehört. Ein vierter Verhandlungstag ist für den 27. November angesetzt. Frühestens zu diesem Termin ist auch mit einem Urteil zu rechnen.

Nach dem bisherigen Verlauf ist davon auszugehen, dass Heike K. nie wieder eine Apotheke führen wird, sie selbst rechnet nach eigener Aussage mit dem Entzug ihrer Approbation. Die Apothekerin hat zudem Privatinsolvenz angemeldet. Der Insolvenzverwalter kann keine Angaben zu Details des Verfahrens machen, bestätigte aber, dass eine Apotheke mittlerweile aus der Insolvenzmasse verkauft wurde.

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