Drahtzieher aktuell nicht vor Gericht

Lunapharm-Hintermann: „Ich liebe, was ich tue. Warum aufhören?“

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Berlin -

Seit einem Jahr läuft der Prozess gegen den brandenburgischen Reimporteur Lunapharm am Landgericht in Potsdam. Bereits 2018 war der Skandal durch eine rbb-Recherche ans Licht gekommen, fünf Jahre dauerte es dann aufgrund der komplexen Sachlage bis zum Prozessbeginn. Nach einer längeren Pause läuft das Verfahren nun wieder, auch neue Enthüllungen um den ehemals Mitangeklagten folgten. Gegen diese Berichte wehrt sich die Angeklagte und Lunapharm-Chefin Susanne Krautz-Zeitel.

„Es werden über Lunapharm dieselben Unwahrheiten verbreitet wie schon vor Jahren“, so Krautz-Zeitel auf Anfrage. „Um unwirksame, unverpackte oder falsch verpackte, irreführende oder gar gefährliche Medikamente ging es nie. Auch um Medikamente unklarer Herkunft nicht“, stellt sie klar. Auch der Staatsanwaltschaft ginge es nicht um solche Punkte. Dass der Prozess in den Medien nach wie vor damit in Verbindung gebracht werde, sei einfach falsch.

Der Mitteldeutsche Rundfunk (mdr) hatte zuletzt in seinem Format „Fakt“ wieder vermeintliche Enthüllungen zum Fall Lunapharm ans Licht gebracht. Unter anderem war von aufgerissenen Arzneimittelpackungen die Rede, wovon sich Krautz-Zeitel klar distanziert. Mit solchen Geschäften habe sie nichts zu tun gehabt.

Drahtzieher „verhandlungsunfähig“

Angeklagt ist neben ihr auch der Deutsch-Ägypter und Apotheker Dr. Mohamed Deyab Hussein. Der vermeintliche „Hintermann“ der damaligen Geschäfte und dritte Angeklagte in dem Fall war beim Prozessauftakt bereits nicht dabei. Bei dem inzwischen 76-Jährigen wurde aus gesundheitlichen Gründen eine Verhandlungsunfähigkeit festgestellt. Hussein soll Lunapharm trotz fehlender Großhandelserlaubnis die Medikamente geliefert haben.

Der Prozess gegen Hussein wurde direkt zu Beginn vom laufenden Verfahren abgetrennt. Neue Recherchen des mdr sollen nun beweisen, dass Hussein nicht nur der Drahtzieher dubioser Geschäfte war, sondern dass es ihm auch gar nicht so schlecht geht, wie angenommen. „Angeblich ist das Gericht darüber informiert worden. Die Verteidigung kann hier im Moment nur abwarten, wie das Gericht darauf reagiert. Die Strafkammer hat vorsorglich Verhandlungstage bis kurz vor Weihnachten bestimmt“, so die Auskunft von Krautz-Zeitel dazu.

Recherche zeigt: Das Geschäft geht weiter

Undercover-Recherchen des ARD-Politmagazins „Fakt“ zeigen den gar nicht krank wirkenden Hussein der sich zwei Stunden lang in einem Frankfurter Hotel mit einem vermeintlichen neuen Geschäftspartner trifft und von seinen Möglichkeiten, an Krebsmedikamente zu kommen, schwärmt. „Ich habe ein super exzellentes Netzwerk, um das zu machen“, so die Aussagen Husseins gegenüber dem verdeckt recherchierenden Team.

Hussein wurde im Mai 2018 im Zuge der Ermittlungen der griechischen Polizei verhaftet. Er gilt als Drahtzieher und soll illegal teure Krebsarzneimittel nach Deutschland exportiert haben – unter anderem zu Lunapharm und Krautz-Zeitel, die von den dubiosen Geschäften ihres Partners aber nichts gewusst habe.

„Sorry, ich bin der Kopf des Ganzen“

Während Krautz-Zeitel sich vor Gericht verantworten muss, macht Hussein laut Recherchen offenbar weiterhin Geschäfte. Es gebe Fotos von „Krebsmedikamenten auf dem heimischen Wohnzimmertisch präsentiert und gestapelt. Manche noch in Einkaufstüten mit arabischer Aufschrift, andere haben Kaffeeflecken auf der Packung oder sind bereits geöffnet worden.“ Die neuen Geschäfte liefen unter seinen Firmen mit neuen Namen, so „Fakt“.

„Sorry, ich bin der Kopf des Ganzen. Ich liebe, was ich tue. Warum aufhören?“, habe sich Hussein gegenüber den Undercover-Reportern gebrüstet. Bei der zuständigen Arzneimittelaufsicht in Hessen wisse man nichts; das Landgericht Potsdam kündigte laut „Fakt“ an, den Gesundheitszustand „nach Abschluss des laufenden Verfahrens“ gegen Krautz-Zeitel erneut überprüfen zu wollen, „um weitere prozessuale Schritte zu erwägen“.

Verfahren zieht sich

„Das Verfahren ruhte zwischen Mai und Oktober 2024 faktisch. Dies hatte ausschließlich gerichtsinterne Gründe“, so die Lunapharm-Chefin. Zwischenzeitlich sei der Geschäftsführer des zypriotischen Unternehmens als Zeuge vor Gericht gewesen. Lunapharm habe eine Zeitlang einen kleinen Teil der Ware von ihm bezogen. „Er hatte zuvor Termine platzen lassen, war nun aber doch erschienen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihn ursprünglich als eine Art Kronzeugen präsentieren wollen.“ Doch die Aussagen hätten die Anklagevorwürfe nicht gestützt, sondern eher widerlegt, so Krautz-Zeitel.

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