Kein Pardon auf Weihnachtsfeier

Kündigung nach sexuell belästigender Äußerung

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Berlin -

Ob Sommerfest oder Weihnachtsfeier – bei betrieblichen Feiern kann es schon mal enthemmter zugehen als im Berufsalltag. Das ist aber kein Freifahrtschein für sexuelle Übergriffe oder sexuell belästigende Äußerungen gegenüber Kolleg:innen, wie das Arbeitsgericht Elmshorn erneut festgestellt hat.

Eine kleine Firma in Schleswig-Holstein, sechs Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin: Auf der Weihnachtsfeier im Dezember 2022 sammelte die Kollegin Geld für ein Geschenk ein. Nachdem ein Mitarbeiter nicht passend zahlen und die Kollegin nicht wechseln konnte, sagte er im Beisein anderer Kollegen: „Wir können sie ja auf den Kopf stellen und die Geldkarte durch den Schlitz ziehen.“

Die Kollegin beschwerte sich noch am gleichen Abend beim Geschäftsführer. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem 32-jährigen Angestellten vier Tage später fristlos. Seine Kündigungsschutzklage blieb vor dem Arbeitsgericht Elmshorn erfolglos.

Das Arbeitsgericht stellte klar, dass auch unerwünschte Bemerkungen sexuellen Inhalts eine sexuelle Belästigung und damit einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen können, wenn sie die Würdeverletzung der betreffenden Person bezwecken oder bewirken. Das gelte ebenso für Beleidigungen unter Arbeitnehmern, die eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten.

Der Spruch des Angestellten stellte demnach eine sexuelle Belästigung dar und sei zudem „schwerst beleidigend“, wie das Gericht ausführt. Mit der Äußerung werde die Kollegin auf derbste Art und Weise zum Objekt sexueller Anspielung herabgewürdigt. Es handelt sich nicht um eine bloße „Anzüglichkeit“, sondern um eine besonders krasse Form der Herabwürdigung. Die Äußerung könne nur frauenfeindlich beziehungsweise sexistisch verstanden werden.

Dass der Mitarbeiter nach eigenen Angaben nur einen Scherz machen wollte, entschuldigt ihn aus Sicht des Gerichts nicht. „Eine Beleidigung und ein sexueller Übergriff werden nicht dadurch weniger intensiv, dass Kollegen darüber lachen. Im Gegenteil.“

Ebenfalls wichtig: Auf eine „unmittelbare Reaktion“ der Kollegin komme es nicht an, so das Gericht. „Es ist nicht erforderlich, dass diese sich zeitlich unmittelbar getroffen zeigt. Das Verhalten des Opfers kann die Schwere der Äußerung nicht relativieren.“

Die Umstände der Weihnachtsfeier ändern auch nichts an der Bewertung. Selbst wenn dort Alkohol konsumiert wurde und eine gelöste Stimmung herrschte, mache dies die Äußerung des Klägers nicht weniger schlimm, so das Gericht. „Eine solche herabwürdigende, öffentliche Äußerung ist geeignet, das Ansehen der einzigen Kollegin unter den Kollegen und im Unternehmen unwiederbringlich zu schädigen, wenn die Arbeitgeberin darauf nicht mit der außerordentlichen Kündigung reagiert.“

Eine vorherige Abmahnung war demnach entbehrlich. Denn das Fehlverhalten wiege so schwer, dass der Arbeitgeber dies nicht hinnehmen konnte. Er habe sich zudem weder entschuldigt noch wenigstens Reue gezeigt.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es wurde beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt.

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