Roman

Gesellschaftssatire „Legal High“: Was wäre wenn?

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Berlin -

Kiffen ist illegal in Deutschland, auch wenn mittlerweile kleine Mengen für den eigenen Konsum toleriert werden. Vorstöße, Coffeeshops nach niederländischem Vorbild auch in Berlin oder anderen Städten zu etablieren, sind bislang nicht weit gediehen. Die Verschreibung von Marihuana für medizinische Zwecke ist höchst kompliziert.

Was aber, wenn die Möglichkeit legalen Marihuana-Anbaus Landwirte und Politiker, Wirtschaftsverbände und Ärztekammern gleichermaßen berauscht? Das ist die Ausgangssituation des Romans „Legal High“ von Rainer Schmidt.

Die Gesellschaftssatire ist bereits der zweite Kiffer-Roman des Journalisten und Autors nach „Die Cannabis Gmbh“ – und auch diesmal gehört zu den Protagonisten der „Dude“, der Ruhrpottprolet mit dem Anspruch, das beste Cannabis von Deutschland zu produzieren. Das hat ihn nun ins Gefängnis gebracht und die Ehe mit der rebellischen höheren Tochter von der Hamburger Elbchaussee an den Rand des Scheiterns. Als ob er nicht genügend Probleme im Knast hätte mit der russischen Mafia und anderen Knackis, denkt ausgerechnet jetzt die Kanzlerin über die Legalisierung von Cannabis nach.

„Legal high“ spielt in der nicht allzu fernen Zukunft des Jahres 2018, und die Kanzlerin sieht die Zeit für eine Kehrtwende gekommen. Der Finanzminister betrachtet die Cannabis-Legalisierung angesichts erwarteter Steuereinnahmen als Gebot fiskalpolitischer Vernunft, der Bauernverband will sich die Marktchancen deutscher Bauern nicht von der Konkurrenz aus China oder den USA wegschnappen lassen und selbst die Deutsche Bischofskonferenz will sich für Cannabis als Teil von Gottes Schöpfung stark machen.

Spitzenmanagerin Isabelle Frevert sieht sich bereits in Startposition für erwartete Spitzengewinne und der männlichen Konkurrenz weit davon ziehend: „Früher illegal Graffiti an Fabrikwänden, heute Aufbau des weltgrößten legalen Drogenkonzerns. Das passte schon.“ Andy Drumbach, dessen Firma Zeitgeist-Energiedrinks verkauft, will Cannabis zum Szeneprodukt machen und hofft dabei auf den Dude und sein Qualitäts-Gras.

Während in Deutschland, der einigen „Cannabis-Republik“, zwei Drittel der Bürger für eine Änderung der bestehenden Gesetze sind und auch bei den CDU/CSU-Anhängern das Recht auf Rausch mit Cannabis mehrheitsfähig wird, während Cannabis als Mittel gegen die Probleme der überalterten Gesellschaft immer gepriesen wird, ist der fiktive Wandel unaufhaltbar.

Die Frage ist: wer wird als Gewinner die Profite der Kehrtwende einstreichen, und wer bleibt als Verlierer auf der Strecke? Das wird mit fiktiven Nachrichtenelementen gewürzt und erscheint angesichts des politischen Alltags zwischen Parteienstreit, Lobby-Bemühungen und Umfragetrends als Entscheidungshilfen für politische Kurswechsel manchmal gar nicht so sehr als Werk der Phantasie, sondern irgendwie im Bereich des Möglichen.

Auch wenn manches Klischee bedient wird, ist der Dude am Ende doch noch für eine Überraschung gut. Rainer Schmidt hat nicht nur eine Coffeeshop-Lektüre für den nächsten Ausflug nach Amsterdam geschaffen, sondern karikiert den Zeitgeist und die Welt der Polit- und Wirtschaftsstrategen gleichermaßen. Gier und Doppelmoral in den Hinterzimmern der Macht sorgen, so scheint es, für einen stärkeren Rausch als jede Droge.

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