Apotheken protestieren geschlossen

Gemeinsame Probleme, gemeinsamer Protest

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Berlin -

Dr. Tobias Ober führt eine Apotheke in Baden-Württemberg. Er stimmt sich zum Streik am 14. Juni mit seinen Kolleg:innen der umliegenden Ortschaften ab. Sicher ist, dass es eine rege Beteiligung geben wird, um sich gemeinsam für ein besseres Honorar und gegen das Sterben der Vor-Ort-Betriebe stark zu machen. Der Inhaber übernimmt demnächst ein komplettes Team einer schließenden Apotheke.

Die Mozart-Apotheke in Oftersheim hat der Apotheker 2009 von seinem Vater übernommen. In Familienbesitz ist sie bereits seit 1952. Damals war sie die erste Apotheke im Ort, zwei weitere folgten. Eine hat am 31. Mai letztmalig ihre Kund:innen versorgt und ist nun geschlossen. Der Fachkräftemangel macht sich auch in dieser Region bemerkbar: Schließen musste die Hardtwald-Apotheke, da die Inhaberin keinen Nachfolger gewinnen konnte.

"Sinnvolle Lösung für alle"

Eigentlich gab es für Obers Betrieb keinen so großen Bedarf an Personal, aber: „Es kommt zwangsläufig zu einer Verschiebung der Kund:innen. Die fallen vor Ort ja nicht spontan weg. Da hätten wir früher oder später sicher einen personellen Engpass bekommen, wenn im normalen Arbeitszeitkreis plötzlich 40 Prozent mehr Kund:innen in der Offizin stehen. Das kriegt man nicht mal eben so gehändelt.“

Man sei die Sache dann gemeinsam proaktiv angegangen und habe sich zusammengesetzt, um nach einer sinnvollen Lösung für alle Beteiligten zu schauen.

Die Mitarbeiter:innen der geschlossenen Apotheke sind im Juni noch freigestellt. Ab Juli kann sich Ober dann über die zusätzliche Unterstützung einer Apothekerin, einer PTA und einer PKA freuen. „Das ist schon eine perfekte Mischung.“ Seiner Meinung nach ist es möglicherweise eine kleine Herausforderung, drei Leute zeitgleich einzuarbeiten und in ein bestehendes Team zu integrieren, Angst habe ich aber nicht. „Das Aufgabenfeld wird sich sehr gut verteilen.“

Probleme seit Jahren angestaut

„Das Protestvorhaben unterstütze ich voll und ganz“, bestätigt Ober. „Das Problem ist wirklich, dass die jetzige Situation über Jahre so extrem gewachsen ist und es keine Anpassung der Vergütung gab.“ Dagegen müsse etwas unternommen werden. „Noch haben wir einen laufenden Tarifvertrag bis Ende des Jahres, aber wenn man sich überlegt, wie die anderen Tarifverhandlungen abgelaufen sind, kann man sich nur zu gut vorstellen, dass wir demnächst in Richtung zweistellige Erhöhung gehen. Das bedeutet für mich 70.000 bis 80.000 Euro mehr Personalkosten pro Jahr. Wo soll das herkommen?“

Gemeinsamer Protest

„Wir haben hier im Ort ein sehr gutes Verhältnis und schon immer kollegial zusammengearbeitet. Gerade in der letzten Zeit war bei Lieferengpässen immer eine Absprache untereinander möglich.“

Man werde sich im Ort und mit den umliegenden Dörfern Schwetzingen, Plankstadt und Ketsch abstimmen „und im Idealfall handeln wir alle gleich“. Sicher sei bisher, dass die Apotheken geschlossen bleiben und auch niemand vor Ort sein werde. „Vor verschlossener Tür stehen – das kann man nicht machen.“

Man werde die Patient:innen informieren, den „Streik“ rechtzeitig ankündigen. „Die Notversorgung ist gesichert, das klappt ja an Feiertagen auch.“ Alles, was planbar ist, werde am Tag zuvor beziehungsweise danach erledigt. Für dringende Anliegen gebe es im Nachbarort die Möglichkeit, die diensthabende Apotheke aufzusuchen.

„Ich hoffe, die Kundschaft unterstützt uns. Durch den aktuellen Fall hier im Ort sehen sie ja im Grunde, dass ein Protest nötig ist. Geht das so weiter, gibt es bald überhaupt keine Betriebe mehr. So wie im Odenwald: In Wilhelmsfeld gibt es schon keine einzige Apotheke mehr.

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