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Exklusivvertrag für DakMorris-Versicherte

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Berlin -

Es fing 2017 alles ganz harmlos mit einem Flyer an. Die DAK Gesundheit war nicht mehr ganz jung, aber brauchte das Geld. Also legte sie die DocMorris-Werbung für ein umstrittenes Bonussystem samt Freiumschlag in das eigene Mitgliedermagazin und kassierte dafür eine hübsche Summe von der Versandapotheke. Drei Jahre später waren die beiden ein Paar.

Schon für die nächste Ausgabe im Sommer wurde ein neues Design gewählt: Das Magazin erschien nach einer größeren Spende zweifarbig, DAK-orange und DocMorris-grün. Die Kooperation Farma-Plus gewann zwar den Markenrechtsstreit, konnte den Gerichtsbeschluss aber nicht zustellen lassen. Die Kasse aus Hamburg hatte die Rechte am Heft längst verkauft und in Heerlen wollte niemand den Ordnungsgeldbeschluss annehmen. Pech gehabt.

Auch inhaltlich wurden ein paar Veränderungen vorgenommen: Statt Gesundheitstipps und Rückenschule gab es im Heft jetzt Gastbeiträge der Professoren König und Wambach sowie „5 Tricks, wie Sie trotz Rx-Versandverbot Ihre Medikamente in Holland bestellen“. Das war etwas zynisch, denn DAK-Versicherte hatten gar keine Wahl mehr: Ihre Kasse hatte einen Selektivvertrag mit DocMorris geschlossen, andere Apotheken durften die Rezepte gar nicht mehr bedienen.

Das wiederum war einigen Inhabern hierzulande zunächst gar nicht aufgefallen, weil sie sich an die Nullretaxationen schon so gewöhnt hatten. Und manch einer gab in Akutfällen oder aus Mitleid trotzdem Arzneimittel an die „Lame DAKs“ ab, auf eigenen Deckel. 2020 war es dann so weit: DocMorris hatte das Recht erstritten, eine Körperschaft öffentlichen Rechts als Aktiengesellschaft zu führen. Am 8. Juni, 20 Jahre nach dem ersten Päckchen aus Heerlen, firmierte die Krankenkasse unter dem neuen Namen DakMorris. Endlich wächst zusammen, was zusammen gehört.

Das Schlimme an so einer Dystopie – nicht alles klingt unmöglich. Die DAK findet tatsächlich, dass der Rahmenvertrag nicht so wichtig ist und die FAZ macht schon „Faktenchecks“ mit grünem Apotheken-A. Ein Verfahren von Bionorica und der Shop-Apotheke zog sich hin, weil der Gerichtsvollzieher erst nicht in Venlo zustellen konnte. Gestern war es endlich so weit.

Vor Gericht gestritten wird auch weiter um Sanicare. Ingrid Schein, Witwe des früheren Inhabers Dr. Volkmar Schein, will die Übertragung von Gesellschaftsanteilen für ungültig erklären lassen. Die Gegenseite fordert die Rückzahlung vermeintlicher Darlehen in Millionenhöhe. Die Versandapotheke kommt nicht zur Ruhe.

In der Politik wird weiter über das Rx-Versandverbot verhandelt. Die Gesundheitspolitiker luden unter der Woche Apotheker und Versandapotheker zum Gesprächskreis in kleiner Runde. Es geht voran, wenn auch in kleinen Schritten. Die Apotheker müssen Geduld mitbringen, aber das sind sie ja honorarhalber gewohnt.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat jedenfalls einen großen Schritt nach vorn gemacht und einen überarbeiteten Gesetzentwurf vorgelegt. Sein Haus betont die Bedeutung der Apotheke vor Ort für die Versorgung und erklärt ausführlich das Solidarsystem. Die SPD-Fraktion windet sich noch oder will vielleicht eine Gegenleistung, demnächst soll es noch eine Anhörung im Gesundheitsausschuss heben. Dann dürfte Gröhe seinen im Kabinett konsentierten Entwurf aber schon nach Brüssel geschickt haben. Der Minister wurde von den Apothekern jedenfalls schon für seine Standfestigkeit gefeiert.

Dabei gibt es zuweilen auch Kritik aus den eigenen Reihen. Ein Apotheker, pensionierter PTA-Lehrer seines Zeichens, hat mit einem Leserbrief in der FAZ die Kollegen in Wallung versetzt. Er findet, dass die Pharmazeuten ihre Rolle im System insgesamt überschätzen und liefert sich ein Leserbriefduell.

Ein anderes großes Thema in jeder Apotheke sind die Rabatte. Die Großhändler setzen mal wieder den Rotstift an oder winken drohend damit. Die Stellschraube der Saison: Kontingentartikel. Erste „Black Lists“ mit aus Verfügbarkeitsgründen vom Rabatt ausgeschlossenen Arzneimitteln kursieren bereits. Ein ehemaliger Noweda-Manager prüft jetzt Großhandelsrechnungen für Apotheker. Irgendwie bezeichnend.

Ein Apotheker aus Baden-Württemberg hatte das seltene Vergnügen, dass ein Patient seine Rechnungen der Apotheke prüfte und sich eine Rückvergütung für seine Rezepttreue wünschte. Als der Apotheker ihm die Zusammensetzung der „Apothekenpreise“ erklärt hatte, verzichtete der Kunde auf seinen Kick-Back.

Streit im Team, und zwar ziemlich massiv, gab es in einer Apotheke Nordrhein-Westfalen. Der Inhaber hatte erst Rauchmelder in seiner Filiale montiert, die sich als Überwachungskameras entpuppten und später noch Minikameras in die Zwischendecke einbauen lassen. Große Teile des Teams werteten das nicht als Vertrauensvorschuss und wechselten zur benachbarten Konkurrenzapotheke.

So wie DocMorris gezielt Versicherte der DAK ansprechen möchte, will auch der Hersteller HRA Pharma seine Zielgruppe abholen: Werbung für die Pille danach hängt jetzt auf Club-Toiletten. Seit der Entlassung aus der Rezeptpflicht hat sich viel getan. Hier sind Tipps für den Umgang mit Entlassrezepten und Tipps für Umgang mit Ärzten, die nie ein Rezept dabei haben. Und hier sind noch Witze. Und jetzt: Schönes Wochenende!

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