Streit mit dem Finanzamt

Originalhersteller soll Reimporte versteuern

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Berlin -

Reimporteure stehen nicht nur in einem Wettbewerbsverhältnis zu den Originalherstellern, sondern profitieren auch von deren Marketingaktivitäten. Der Bundesfinanzhof (BFH) ist daher der Meinung, dass bei der Steuererklärung der deutschen Vertriebsgesellschaften auch der Parallelhandel zu berücksichtigen ist. Anderenfalls sei von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen.

Bespricht der Außendienst ein Medikament beim Arzt, kann er nie sicher sein, dass nicht am Ende ein Reimport abgegeben wird. Aus diesem Grund wird bei den Provisionszahlungen auch der Gesamtmarkt betrachtet. Demgegenüber fanden Betriebsprüfer bei der Vertriebsgesellschaft eines internationalen Pharmakonzerns aber keine Ausgleichszahlungen – weder seitens der Muttergesellschaft noch seitens der Parallelhändler.

Im Rahmen einer Außenprüfung vertraten die Prüfer daher die Auffassung, dass die Vermarktungsaktivitäten der deutschen Vertriebsfirma nicht nur dem Originalprodukt, sondern auch den Parallelimporteuren zugutekämen – und damit wiederum der ausländischen Muttergesellschaft, deren Umsatz und Gewinn in beiden Fällen steigen. Da die deutsche Gesellschaft ihrerseits keine Aufwandsentschädigung bei Abgabe eines Reimports erhalte, liege eine einkommenserhöhende verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vor.

Entsprechend setzte das Finanzamt neue Körperschaftsteuerbescheide für 2006 bis 2010 fest. Einsprüche des Herstellers wurden abgewiesen.

Kein Interesse an Reimporten

Das Finanzgericht Nürnberg (FG) teilte die Auffassung des Finanzamts nicht: Denn eine eventuelle Vermögensminderung bei der deutschen Landesgesellschaft sei nicht im Konzernverbund, sondern ausschließlich durch den Wettbewerbs seitens der Parallelimporteure verursacht worden.

Deren Vertrieb lag nach Überzeugung des FG auch nicht im Interesse der Muttergesellschaft, wie das Finanzamt behauptet hatte. „Wegen der höheren Gewinnspanne hatte diese vielmehr ein großes Interesse daran gehabt, dass die Vermarktung ihrer Produkte auf dem für das Inland eingerichteten Vertriebsweg erfolgt.“

Und soweit bei den Bonuszahlungen an die Außendienstmitarbeiter auch die Reimporte berücksichtigt wurden, sei dies nicht nur branchenüblich, sondern womöglich auch mit der der deutschen Tochtergesellschaft eingeräumten überdurchschnittlichen Marge in Höhe von 6 bis 6,5 Prozent abgegolten gewesen. Jedenfalls habe das Finanzamt keinen Nachweis erbracht, dass die Vertriebsfirma von ihrer Konzernmutter einen noch höheren Betrag hätte einfordern können.

Vorteil für den Mutterkonzern

Der BFH sieht das anders und unterstellt eine Vermögensverlagerung an den Mutterkonzern, die sich eigenen Aufwand erspare, weil die deutsche Tochtergesellschaft ihn trage, ohne einen Erstattungs- beziehungsweise Ausgleichsanspruch zu erheben.

Die Marketingaktivitäten beabsichtigen laut BFH zwar keine Förderung von Reimporten, schließen sie aber auch nicht aus. Immerhin profitiere der Mutterkonzern von den Parallelimporten – woran auch die Tatsache nichts ändere, dass die Marge und damit der Gewinn insgesamt höher wären, wenn die Arzneimittel im Inland allein über die Tochterfirma und damit ohne Parallelimporteure vertrieben worden wären.

Daher soll das FG nun in einer zweiten Runde prüfen, wie hoch der wirtschaftliche Vorteil der Muttergesellschaft aus den Parallelimporten gewesen sein könnte und wie hoch der Anteil der Boni für die Parallelimporte an der Gesamtvergütung der Außendienstmitarbeiter war. Erst dann ließen sich Rückschlüsse auf das Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters ziehen und entschieden werden, in welcher Höhe womöglich eine vGA besteht. „Das FG hat diese Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen.“

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