Umzug nach Holland

Neues Konstrukt für Apo-Discounter

, Uhr
Berlin -

Mit Apo-Discounter verabschiedet sich eine der letzten größeren Versandapotheken aus Deutschland. Der Webshop wird ab sofort aus dem niederländischen Duiven heraus betrieben. Das Logistikzentrum in Markkleeberg bei Leipzig soll es trotzdem weiter geben. Unklar ist, welche Rolle die bisherige Apotheke noch spielen wird.

Hinter Apo-Discounter steht die Kapitalgesellschaft Apo.com Group, die bislang unter dem Namen Apologistics firmierte. Sie wickelt am Logistikzentrum in Markkleeberg nicht nur weite Teile des operativen Geschäfts für Apo-Discounter ab, sondern hält außerdem die Marken- und Domainrechte. In den Niederlanden wurde vor zwei Jahren ein weiterer Standort eröffnet, beim Ableger Apo.com gehört der Apothekenbetrieb direkt zur Gruppe; die Kapitalgesellschaft kann die Umsätze also direkt konsolidieren.

Apo-Discounter wurde dagegen bislang durch die Apotheke im Paunsdorf-Center betrieben, doch das soll sich jetzt ändern. Neue Betreiberin von Apo-Discounter ist die Firma Apo Pharmacy mit Sitz im niederländischen Duiven, wie der Versender seinen Kund:innen mitteilt. „Für Sie ändert sich nichts: Sie profitieren wie gewohnt von einer großen Auswahl, unschlagbaren Preisen und einem schnellen Versand. Auch unser Team unterstützt Sie weiterhin gern bei Ihren Anliegen und Fragen. Unsere Mitarbeiter vom Kundenservice und unsere Pharmazeuten freuen sich auf Sie.“

Allerdings müssen die Nutzer:innen der Übertragung ihrer Daten zustimmen beziehungsweise sich neu anmelden. Dafür spendiert der Versender einen Gutschein von 5 Euro, der ab einem Warenwert von 30 Euro eingelöst werden kann und vier Wochen ab Erhalt gültig ist. Außerdem bleibt der bisherige Shop der Apotheke im Paunsdorf Center „im Rahmen unserer E-Mail-Kommunikation für einen Übergangszeitraum bis zum 30.06.2022 unter shop.apodiscounter.de erreichbar“.

500 km zwischen Lager und Apotheke

Der Shop von Apo-Discounter sei damit Teil der Apo.com Group mit dem Unternehmenssitz in Markkleeberg, bestätigt eine Sprecherin. „Die Apo.com Group betreibt weiterhin zwei Logistikzentren – eines am Standort bei Leipzig sowie eines in Duiven (Niederlande). Für unsere Kunden ändert sich nichts. Für Bestellungen gewährleisten wir eine maximale Warenverfügbarkeit, höchstmögliche Liefergeschwindigkeit, kurze Transportwege und höchstmögliche pharmazeutische Sicherheit.“

Wie aber können vom Standort in Markkleeberg aus weiterhin Medikamente verschickt werden, wenn die eigentliche Apotheke mehr als 500 km entfernt ist? Dazu gab es auf Nachfrage zunächst keine klare Antwort: Die Apotheke im Paunsdorf Center bleibe als Partnerapotheke an Bord, so die Sprecherin: „Der pharmazeutische Standort Markkleeberg wird weiter von der Apotheke im Paunsdorf Center betrieben und fungiert wie bisher als Partnerapotheke für Apo Pharmacy. Das pharmazeutische Personal am Standort wird dementsprechend auch in Zukunft für den Betrieb der Apotheke im Paunsdorf Center benötigt.“

Apo-Discounter ist zwar nicht der einzige Versender, der mit dezentralen Lagern arbeitet. Auch Zur Rose hat es bislang nicht geschafft, alle in den vergangenen Jahren zugekauften Aktivitäten in Heerlen zu bündeln. So wird Medpex nach wie vor in Ludwigshafen betrieben, Eurapon in Bremen und Zur Rose in Halle/Saale. Allerdings sind hier noch die jeweiligen Apotheken an Bord, also die Stifts-Apotheke von Christiane Bülow-Bichler, die Euro-Apotheke Kubilay Talu oder die Apotheke Zur Rose als Filiale der Pluspunkt Apotheke Johann-Sebastian-Bach von Ulrich Nachtsheim. Formal hatte Zur Rose nur den Großhandel gekauft – dass die Konsolidierung sich verzögerte, erwies sich in der Corona-Pandemie als Glücksfall.

Alle Ableger umgestellt

Bei Apo-Discounter wurde dagegen der komplette Betrieb umgestellt. Betroffen sind auch die Ableger Deutsche Internet Apotheke, Juvalis und Apolux – sie gehören mittlerweile genauso zur niederländischen Tochter wie Bioapotheke.de, Vitaapotheke.eu, Apotheke-online.de und Versandapo.de sowie Apo-Discounter.pl, dem Ableger für eine polnische Klientel. Auch die Domain Apotheke.de des Münchner Unternehmers Dr. Florian Korff wird nicht mehr von der Apotheke im Paunsdorf-Center, sondern von Apo Pharmacy bespielt. Im offiziellen Versandapothekenregister ist der Wechsel noch nicht hinterlegt, auch bei Amazon wird noch die bisherige Apotheke als Betreiber angezeigt.

Die Apotheke im Paunsdorf-Center gehört Kirsten Fritsch, der Ehefrau von Firmengründer Helmut Fritsch. Sie stammt aus einer Apothekerfamilie aus Bad Wimpfen bei Heilbronn; dank der Kontakte ihres Vater zu einem ehemaligen Vorstand der Schwarz-Gruppe (Lidl/Kaufland) bekam ihr Mann ab Ende der 1990er-Jahre einen Zugriff auf Standorte in Kaufland-Märkten, die er an Apotheker:innen untervermietete. Fritsch selbst betrieb lange die Apotheke im Kaufpark Eiche bei Berlin. 2017 gab er das Geschäft auf, um sich ganz um das Versandgeschäft zu kümmern.

In den Anfängen von Apo-Discounter 2004 wurden rund 50 Aufträge pro Tag manuell bearbeitet. Später wurden Automaten angeschafft, 2007 wurde das Versandgeschäft ausgelagert: In Markkleeberg am anderen Ende von Leipzig wurde das Logistikzentrum mit 6500 Quadratmetern eröffnet. Die Umsätze stiegen rasant – und in der Folge auch der Kammerbeitrag der Apothekerin. Eine Klage gegen die Apothekerkammer blieb erfolglos.

Finanzierungspartner der ersten Stunde war Disko; die Leasingsparte von GE Capital stellte das notwendige Kapital für die Kommissionieranlage zur Verfügung. 2013 stieg Dr. Gerhard Köhler, ehemaliger Banker und Großaktionär beim Fotoanbieter Orwo, mit zwei Millionen Euro vorübergehend als stiller Gesellschafter bei Apologistics ein. Im Februar 2018 wurde die Industriellenfamilie Hagenmeyer über ihre Holding THI neuer Großinvestor. Auf 60 Millionen Euro summierte sich das Investment der ehemaligen Eigentümer des Getriebebauers Getrag zunächst. Später flossen weitere 10 Millionen Euro, vor Kurzem wurde noch einmal ein „signifikanter zweistelliger Millionenbetrag“ investiert.

Nummer 3 mit großen Plänen

Die Gruppe ist nach eigenen Angaben aktuell die drittgrößte Versandapotheke im deutschen Markt hinter DocMorris und den diversen Ablegern sowie Shop-Apotheke. Der Umsatz von 200 Millionen Euro entspricht nach Unternehmensangaben einem Marktanteil von 8 Prozent. Das hochautomatisierte Logistikzentrum in Markkleeberg bei Leipzig liegt in der Nähe zum DHL-Hub und versorgt Kunden in Deutschland, Polen und Österreich. In Duiven liegt die Ausbaukapazität nach Unternehmensangaben bei mehr als einer Milliarde Euro Jahresumsatz.

Durch den „intelligenten Verbund“ beider Logistikzentren wollte die Gruppe ihren Kunden in bestimmten Regionen ein Angebot der „Same-Day-Delivery“ machen; der Service, der gemeinsam mit dem Logistikdienst Angel von Fiege betrieben wurde, ist derzeit aber nicht auf der Website zu finden. Durch Kooperationen mit führenden Partnern – beispielsweise den Telemedizinanbieter Kry – fühlt man sich bei Apo.com außerdem bestens für den „rasch wachsenden Anteil der rezeptpflichtigen Bestellungen“ gerüstet. Das Unternehmen rechnet mit einem nochmals beschleunigten Wachstum durch die Einführung des E-Rezeptes. So werde sich bis 2025 der deutsche Online-Apothekenmarkt auf mehr als 12 Milliarden Euro verfünffachen.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Spezifikationen für Anbieter
Card Link: Nur eine Handynummer pro eGK
Versandapotheke als Millionengrab
Disapo: Douglas musste Insolvenzantrag abwenden
Mehr aus Ressort
Mitte des Jahres ist Schluss
Avoxa beerdigt Apotheken Magazin

APOTHEKE ADHOC Debatte