Internationale Lage

Tschechien schließt Grenzen, verbietet Ausreise

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Berlin -

Grenzkontrollen, Ein- und Ausreiseverbot, Notstandserklärungen: Mit teils drastischen Methoden versuchen die europäischen Ländern, die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Die internationale Lage.

Tschechien

Die tschechische Staatsbahn Ceske Drahy (CD) stellt ab der Nacht zu Samstag den Verkehr von und nach Deutschland ein. „Die Züge werden bis zur Staatsgrenze fahren und dann umkehren“, teilte der Konzern am Donnerstag bei Twitter mit. Man reagiere damit auf die Ausrufung des Notstands durch die Regierung in Prag, um eine weitere Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu verhindern.

Die Deutsche Bahn warnte vor Einschränkungen im Bahnverkehr wegen der behördlichen Anordnungen im Nachbarland. Betroffen sind unter anderem die Eurocity-Verbindungen Hamburg-Berlin-Prag sowie die IC-Busse zwischen Leipzig und Prag sowie zwischen Nürnberg und Prag. Auch das tschechische Privatunternehmen RegioJet stellt seine Zug- und Fernbusverbindungen unter anderem nach Deutschland, die Niederlande, Frankreich, Österreich und die Schweiz ab Samstag ein.

Tschechien schließt seine Grenzen weitgehend für Ausländer aus mehreren europäischen Ländern. Betroffen sind unter anderem Bürger aus Deutschland, Italien, Frankreich und Österreich, die keinen festen Wohnsitz in dem EU-Mitgliedstaat haben. Das erklärte Ministerpräsident Andrej Babis nach einer Krisensitzung am Donnerstag.

Der Übertritt außerhalb von sieben ausgewiesenen Grenzübergängen zu Deutschland und vier zu Österreich werde gänzlich verboten, erklärte Innenminister Jan Hamacek. Weitere sieben Übergänge sollen ebenfalls nur in den genannten Ausnahmefällen wie für Arbeitspendler für den sogenannten kleinen, grenznahen Verkehr geöffnet sein.

Zugleich rief das Kabinett in Prag mit sofortiger Wirkung für zunächst 30 Tage den nationalen Notstand aus. Grund sei die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung. Auch Reisende aus China, Korea und dem Iran erhalten ein Einreiseverbot. Tschechischen Bürgern werden Reisen in die sogenannten „Risikogebiete“, darunter auch Deutschland, untersagt. Für Grenzpendler, die im nahen Ausland arbeiten, soll es aber Ausnahmen geben.

Die Maßnahme tritt in der Nacht von Freitag auf Samstag in Kraft. Die Armee wird die Polizei bei der Sicherung der Grenze unterstützen.

Frankreich

Frankreich schließt im Kampf gegen das Coronavirus vorerst alle Schulen. „Ab Montag und bis auf Weiteres werden alle Kindergärten, Schulen, Hochschulen und Universitäten geschlossen“, kündigte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Donnerstagabend in einer TV-Ansprache an. Von weiteren drastischen Maßnahmen wie der Absage der Kommunalwahlen oder der Einstellung des öffentlichen Nahverkehrs sah er jedoch ab.

„Diese Epidemie ist die schlimmste Gesundheitskrise in Frankreich seit einem Jahrhundert“, betonte Macron. Er rief alle Menschen über 70 Jahre, Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Atemwegserkrankungen dazu auf, so weit wie möglich in ihren Häusern zu bleiben. Alle Franzosen sollte am besten, wenn sie nicht zur Arbeit müssen, zu Hause bleiben. Er appellierte an die Vernunft aller, sich verantwortungsbewusst zu verhalten. „Gesundheit ist unbezahlbar.“ Die Regierung werde tun, was immer nötig sei, um die Epidemie einzudämmen.

Beobachter hatten erwartet, dass der Präsident die Kommunalwahlen absagen würde – am Nachmittag war sogar in französischen Medien vom Ausnahmezustand die Rede. Nichts halte die Franzosen, selbst die Schwächsten, davon ab, an die Urnen zu gehen, betonte Macron nachdem er am Nachmittag Gesundheitsexperten konsultiert hatte. Zumindest die erste Runde der Wahlen am 15. März ist gesichert, die zweite ist für den 22. März geplant. Auch der öffentliche Nahverkehr soll weiterlaufen.

Es könne zu Grenzschließungen kommen, aber sie sollten vorgenommen werden, wenn es angebracht ist, betonte der 42-jährige Staatschef. „Dieses Virus hat keinen Reisepass. Wir müssen unsere Kräfte koordinieren, wir müssen zusammenarbeiten.“ Gleichzeitig sagte er Unternehmen, die von den Auswirkungen von Covid-19 betroffen sind, umfangreiche Hilfe zu, darunter eine Unterstützung für Kurzarbeit und befristete Entlassungen mit minimalen Lohnkürzungen.

Die Epidemie trifft Frankreich hart. Nach offiziellen Angaben sind mehr als 2876 Fälle Sars-CoV-2-Infektionen erfasst. 61 Menschen starben bisher. In Frankreich gab es zuletzt zahlreiche Regionen, in denen das Virus vermehrt auftrat – sogenannte Cluster. Etwa die Stadt Ajaccio auf der Mittelmeerinsel Korsika, Orte im Département Haute-Savoie an der Grenze zur Schweiz und Italien oder die Stadt Mülhausen im Elsass. Die Region Grand Est an der deutschen Grenze wurde zuletzt vom Robert Koch-Institut zum Risikogebiet erklärt.

Slowakei

Nach den Flughäfen hat die Slowakei auch ihre Grenzen für Reisende auf Straßen und Schienen dichtgemacht. Seit Freitagmorgen um sieben Uhr werden die Grenzübergange zu allen Nachbarländern außer Polen streng kontrolliert. Wer keinen Wohnsitz im Land nachweisen kann oder über einen gültigen slowakischen Reisepass verfügt, muss draußen bleiben.

Noch am Donnerstagabend war spekuliert worden, ob es bei reinen Kontrollen bleibt oder ob Reisende tatsächlich an den Grenzen abgewiesen werden. Innenministeriums-Sprecher Petar Lazarov stellte dann auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur noch spätabends per E-Mail klar: „Es gilt die strengere der beiden Varianten.“ Ab dem Morgen wurden daher auch die internationalen Zug- und Busverbindungen in die Nachbarländer stillgelegt, nur Güterzüge dürfen weiterhin fahren.

Bis Donnerstagabend verzeichnete die Slowakei 21 bestätigte Infektionsfälle. Todesopfer gab es bisher keine.

Estland

Angesichts der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus hat Estland nun auch den Ausnahmezustand ausgerufen. Nach Angaben der Regierung in Tallinn gilt der Notstand bis zum 1. Mai. Schulen und andere Bildungseinrichtungen sollen ab Montag geschlossen bleiben. Auch öffentliche Veranstaltungen sind untersagt, teilte die Staatskanzlei in der Nacht zum Freitag mit. An Grenzen, Flughäfen und Häfen des baltischen EU-Landes werden Gesundheitskontrollen eingeführt, Einreisende müssen zudem in einem Fragebogen ihre vorherigen Aufenthaltsorte angeben.

„Die absolute Priorität der Regierung besteht darin, die Gesundheit der Menschen in Estland in der sich entwickelnden Situation zu schützen“, erklärte Regierungschef Jüri Ratas. „Die Notsituation ist notwendig, um der Ausbreitung des Coronavirus in Estland möglichst effizient entgegenzuwirken.“ In dem baltischen Staat waren zuvor am Donnerstagabend zehn neue Corona-Infektionsfälle festgestellt worden. Damit stieg die Zahl an bestätigten Fällen auf 27.

Ratas hatte bereits am Donnerstag von einer „Notsituation“ gesprochen. Ein offizieller Ausnahmezustand wurde anders als in den Nachbarstaaten Lettland und Litauen jedoch zunächst nicht verhängt.

Luxemburg

Auch Luxemburg macht wegen der Coronavirus-Pandemie für zwei Wochen seine Schulen dicht. Von Montag (16. März) bis 29. März werde es in Klassenräumen keinen Unterricht geben, teilte die luxemburgische Regierung am Donnerstagabend mit. Auch Kindertagesstätten und andere Betreuungseinrichtungen sollten geschlossen werden. Mit diesem Schritt wolle man eine Ausbreitung des Coronavirus eindämmen. Auch die Universität Luxemburg stellt auf E-Learning um. Die Zahl der nachgewiesenen Infektionen mit Sars-CoV-2 ist im Großherzogtum auf 26 (Stand Donnerstagabend) gestiegen.

Die Luxemburger Regierung kündigte zudem am, dass Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmern in Räumen und mit mehr als 500 Teilnehmern unter freiem Himmel ab sofort verboten seien. Ebenfalls grundsätzlich untersagt seien Besuche in Alten- und Pflegeheimen sowie in Krankenhäusern. Es könne Ausnahmen geben, hieß es. Wenn möglich, sollten Mitarbeiter von zu Hause arbeiten.

Bulgarien

Im Kampf gegen das neuartige Coronavirus hat das EU-Land Bulgarien einen einmonatigen Ausnahmezustand mit sofortiger Wirkung erklärt. Diese drastische Maßnahme wurde am Freitag einstimmig vom Parlament in Sofia auf Vorschlag der bürgerlich-nationalistischen Regierung gebilligt. Damit können nun alle Kindergärten, Schulen und Universitäten geschlossen werden.

„Die Regierung braucht breitere Vollmachten, um Entscheidungen zu treffen“, begründete der Chef des medizinischen Krisenstabs Wenzislaw Mutaftschijski den Sinn des ersten Ausnahmezustands in Bulgarien nach der Wende. Er verwies auf einen sprunghaften Anstieg der Coronavirus-Fälle am Donnerstag von 7 auf 23 – unter ihnen sind auch drei Kinder. „Wir stehen vor dem Ausbruch einer größeren Epidemie“, warnte er.

Regierungschef Boiko Borissow begründete die drastische Maßnahme mit einem nicht disziplinierten Verhalten der Bulgaren bei den bisherigen Schutzvorkehrungen. Begrenzt werden soll nun den Plänen zufolge das Reisen der Menschen nach und aus Ländern, die vom Coronavirus besonders stark betroffen sind. Die Polizei, Armee und Gendarmerie würden jetzt das Einhalten der Quarantäne durchsetzen können.

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