Schweden

Kartellbehörde: Freibrief für Apothekenketten

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Berlin -

Vor vier Jahren löste die schwedische Regierung das staatliche Apothekenmonopol auf und liberalisierte den Markt komplett. Von der damals erhofften Vielfalt ist man heute weit entfernt: Nachdem die schwedische Wettbewerbsbehörde den beiden Kettenbetreibern Kronans Droghandel (KD) und Hjärtat die Übernahme zweier kleinerer Anbieter genehmigt hat, gehören 82 Prozent der Apotheken zu drei großen Ketten.

2009 waren 466 Apotheken in Paketen zwischen 10 und 199 Betriebsstätten versteigert worden. Die Cluster gingen an den Großhändler KD und verschiedene Finanzinvestoren. Bis 2013 waren Übernahmen dieser Apotheken ausdrücklich verboten. Eine Oligopolisierung wie im Nachbarland Norwegen wollte man vermeiden. Nach Ablauf der Frist dauerte es jedoch nur zwei Monate, bis der Markt komplett aufgeteilt war.

„Das, was jetzt eingetreten ist, ist nicht das, was die Regierung gewollt hat“, räumt eine Sprecherin der schwedischen Kartellbehörde ein. Doch aus Sicht der Wettbewerbshüter war nichts zu machen: „Keine der beiden Ketten erlangt mit der Übernahme einen Marktanteil von mehr als 25 Prozent“, erklärt die Sprecherin. Eine Verlängerung des Verkaufsverbots wäre nicht angemessen gewesen.

Zur staatlichen Kette Apoteket gehören der Behörde zufolge 370 Apotheken – also immer noch 36 Prozent des Marktes. Der private Branchenprimus Hjärtat hat 27 Apotheken von Vårdapoteket übernommen, die vor allem Krankenhäuser beliefern, und kommt auf insgesamt rund 300 Apotheken – 25 Prozent des Marktes. KD hat die 65 Medstop-Apotheken gekauft und betreibt heute knapp 290 Betriebsstätten. Der finnische Pharmahändler Oriola, dem KD gehört, erreicht damit einen Marktanteil von 21 Prozent.

Im Rahmen der Liberalisierung gingen 150 Apotheken an den Berufsverband Apoteksgruppen, der sie sukzessive an unabhängige Apotheker abgeben sollte. Der Verband hat mit seinen Apotheken, die jeweils einem Pharmazeuten gehören, einen Marktanteil von etwa 10 Prozent. Der Rest verteilt sich auf kleinere Apothekenketten, darunter DocMorris. Unabhängige Apotheker sind in Schweden eine Rarität: Laut Wettbewerbsbehörde gibt es 10 bis 15 Pharmazeuten, die ohne eine Gruppe im Hintergrund arbeiten.

Man habe die Übernahmen genehmigt, weil auf lokaler Ebener keine Wettbewerbsverletzungen zu befürchten seien, erklärt die Sprecherin. Aus Sicht der Behörde besuchen Patienten die Apotheke, die am nächsten zu ihnen ist – unabhängig vom Betreiber. Die Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel wiederum würden ohnehin staatlich festgelegt, und auch die Großhändler seien verpflichtet, alle Apotheken zu beliefern. Auch bei den OTC-Präparaten sehen die Wettbewerbshüter keine Probleme: Immerhin würden rund 2000 Medikamente auch außerhalb von Apotheken verkauft.

Bei der Kartellbehörde geht man davon aus, dass sich der Apothekenmarkt derzeit in der Phase der Konsolidierung befindet. „Weitere Übernahmen werden prognostiziert“, sagt die Sprecherin. Konkrete Pläne einzelner Ketten gebe es aber noch nicht.

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