Schweden

Liberalisierung mit Nebenwirkungen

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Berlin -

Dreieinhalb Jahre nach der Liberalisierung des schwedischen Apothekenmarktes haben sich viele Hoffnungen der Regierung nicht erfüllt: Die Apothekenzahl ist zwar angestiegen und auch die Wartezeiten in den Apotheken sind gesunken. In einer hart umkämpften Wettbewerbssituation eröffneten die Apothekenketten neue Standorte jedoch fast ausschließlich in lukrativen Stadtgebieten. Im ländlichen Norden hat sich die Versorgungssituation nicht verbessert. Es könnte noch schlimmer kommen: Ende des Jahres laufen zwei Regelungen aus, die bislang vor den schlimmsten Folgen geschützt haben.

Im Sommer 2009 waren der Staatsbetrieb Apoteket zerschlagen und das Fremdbesitzverbot aufgehoben worden: Bei Apoteket verblieben rund 300 Standorte, die Mehrzahl der ehemals 900 Apotheken wurden in Gruppen an Investoren verkauft. Außerdem haben seitdem 25 verschiedene Unternehmen neue Apotheken eröffnet.

Ein staatliches Wirtschaftsinstitut hatte im Sommer insbesondere auf die ungleiche Verteilung aufmerksam gemacht. Von den 317 neuen Standorten wurden 314 in Städten mit mehr als 3000 Einwohnern eröffnet. Lediglich drei neue Apotheken gibt es an Stadträndern. In abgelegenen ländlichen Regionen ist laut Bericht keine einzige neue Apotheke hinzu gekommen.

Um die Landversorgung zu sichern, hatte die Regierung Apoteket und den neuen Marktteilnehmern vorgeschrieben, dass Landapotheken vorerst nicht geschlossen werden dürfen. Rund 100 Apotheken stehen auf dieser Liste. Ende des Jahres läuft diese Regelung allerdings aus; einige Anbieter könnten sich nun von schlecht laufenden Landapotheken trennen. Bislang hat sich nur Branchenprimus Hjärtat dazu bekannt, alle seine 26 Standorte auf dem Land weiterzuführen.

Schwedens Regierung hat die Gefahr erkannt und den Ketten erst kürzlich Extra-Zahlungen von 20 Millionen Kronen zugesichert, damit sie ihre Landapotheken nicht schließen. In der Branche wird diese Zusage (umgerechnet rund 2,3 Millionen Euro) jedoch als „nettes Symbol“ eingeschätzt.

Verschärft wird die Lage durch die schwierige Personalsituation in Schweden: Für den massiven Anstieg der Apothekenzahl gab es nicht genug Fachkräfte. Einige Ketten fingen an, Pharmazeuten aus dem Ausland abzuwerben. Während des Sommers mussten einige Standorte auf dem Land bereits ihre Türen schließen oder die Öffnungszeiten einschränken.

Im Februar fällt dann eine weitere wichtige Hürde: Ab dann dürfen die Ketten erstmals Apotheken untereinander kaufen und verkaufen. Mit dem Verbot hatte die schwedische Regierung 2009 eine Marktkonzentration verhindern wollen. Wie viele Ketten am Ende übrig werden, ist bislang unklar. Die Vorbereitungen laufen aber auf Hochtouren.

In jedem Fall dürfte es sich nur noch um Umverteilungskämpfe handeln. Der schwedische Markt ist nämlich gesättigt: Laut schwedischem Apothekerverband hat sich die Apothekenzahl seit 2010 zwar um 34 Prozent gesteigert. Der Gesamtumsatz hat sich 2011 im Vergleich zum Vorjahr allerdings kaum verändert.

In den vergangenen Monaten hatten die ersten Ketten daher Filialen geschlossen. Allein die Celesio-Tochter DocMorris nahm 16 Apotheken nach kurzer Zeit wieder vom Netz. Der britische Pharmahändler Alliance Boots steht nach einer kurzen Anfangsoffensive nun sogar vor einem kompletten Rückzug aus Schweden.

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