Seit 20 Jahren Apothekensterben

Saarland: Jede vierte Apotheke ist dicht

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Berlin -

Die Zahl der Apotheken im Saarland sinkt drastisch: Nach aktuellem Stand steht im bisherigen Jahresverlauf elf Schließungen nur eine Neueröffnung entgegen. „In 2023 wird die Zahl der Apotheken im Saarland im 19. Jahr in Folge sinken. Die Rückmeldungen, die wir aus den Apotheken erhalten, weisen darauf hin, dass es dieses Jahr zur bisher größten Schließungswelle der letzten Jahre kommen wird“, so Kammerpräsident Manfred Saar. Wie wirkt sich das auf den Notdienstturnus der Apotheken vor Ort aus?

Patric Zilch, Inhaber der Linden-Apotheke in Kleinblittersdorf, kennt noch die Apothekenzahlen vor 20 Jahren: „Als ich mit meinem Berufsleben begonnen habe, gab es im Saarland noch etwa 365 Apotheken. Man sprach damals sogar von der größten Apothekendichte in ganz Deutschland“, so der Apotheker. Diese Zahlen haben sich bis heute dramatisch verändert: „Gab es 2013 noch 316 Apotheken im Saarland, ging die Zahl in 2022 auf 273 und liegt aktuell bei 263“, macht auch Saar deutlich. Somit sind bereits mehr als 100 Apotheken für immer geschlossen – mehr als jeder vierte Standort ist weggefallen.

„Fehlende Honorarerhöhungen und immer mehr Bürokratie führen dazu, dass sich Apotheke nicht mehr lohnt. Besonders nachdenklich sollte die Politik stimmen, dass sich die Geschwindigkeit der Apotheken-Schließungen beschleunigt“, appelliert Saar. Und dies, „obwohl wir bereits seit 20 Jahren diesen Trend beobachten.“

„Noch ist der Turnus gut“

Noch wirkt sich das Apothekensterben nicht unmittelbar auf den Notdienst von Zilch aus: „Ich habe in meinem Kreis noch Glück und muss alle 30 Tage in den Bereitschaftsdienst“, so der Apotheker aus der Mitte des Landes. Im Ost- und Nordsaarland sehe es aber ganz anders aus: „Kolleg:innen müssen dort einen Zwei-Wochen-Turnus akzeptieren. Das ist schon deutlich anstrengender.“

Eine seit Jahren fehlgeleitete Sparpolitik wird laut Saar dazu führen, dass sich „das Apothekennetz auch in den kommenden Jahren weiter ausdünnen wird“. Deswegen der Appell: „Ich rufe alle politischen Entscheidungsträger im Saarland dazu auf, die wohnortnahe Arzneimittelversorgung zu stabilisieren, so wie es vor zwei Jahren auf Bundesebene im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition festgeschrieben wurde.“ Sonst drohe die Versorgung mehr als knapp zu werden, so auch Zilch: „Die Menschen müssen dann weitere Wege in Kauf nehmen, um eine Apotheke im Notdienst aufzusuchen.“

Bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seien die Apotheker mit ihren Sorgen bis dato auf taube Ohren gestoßen, so Saar: „Statt mit uns auf Augenhöhe zu reden, hat der Bundesgesundheitsminister die mehr als berechtigten Forderungen der Apothekerschaft nach einer Honorarerhöhung zum Anlass genommen, uns den Krieg zu erklären.“ Mehr noch: Der vorgelegte Plan zur Einführung von „Scheinapotheken“ zeige deutlich, welchen Stellenwert der Minister den Apotheken beimesse. „Nämlich keinen.“

Notdienst ist essentiell

Fakt ist jedoch: „Apotheken ohne Apotheker:innen, Apotheken ohne Rezepturarbeitsplätze, Apotheken ohne Notdienst läuten das Ende der Apotheke ein, wie wir sie kennen.“ Dass der Notdienst aber rege in Anspruch genommen wird, kann Zilch bestätigen: „Innerhalb der Woche geht es zwar im Notdienst ruhig zu, aber gerade an den Wochenenden ist viel los. Ich habe Kollegen und Kolleginnen in Stadt, die bis tief in der Nacht oft rausgeklingelt werden.“

Um auf die schwierige Situation vieler Apotheken hinzuweisen, werden im Saarland am 15. November alle Apotheken mit Ausnahme der zum Notdienst eingeteilten Apotheken geschlossen bleiben. Auch Zilch macht mit: „Ich werde schließen, und eine Mitarbeiterin wird nach Dortmund zur Kundgebung fahren.“ Für den Transfer nutze sie den vom Apothekerverein zur Verfügung gestellten Bus von Saarbrücken nach Dortmund.

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