350 Kunden, mehrere Rezepturen

One-Man-Show: Apotheker stemmt 48-Stunden-Notdienst

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Berlin -

Weil Apotheken in der Region schließen mussten, hatten die Goethe Apotheke Moers und die Glueckauf-Apotheke Kamp Lintfort von Muhammed und Erol Gülsen nacheinander Notdienst. Den 48-Stunden-Dienst stemmte Erol Gülsen alleine, inklusive Rezepturen am Sonntag.

„Weil eine Apotheke im Notdienstkreis geschlossen hat, haben wir deren Dienst kurzfristig übernommen“, erklärt der Inhaber. Bereits am Wochenende zuvor, am 5. und 7. April, hatten zwei der Gülsen-Apotheken Notdienst. Durch Krankheit und Urlaub von Kolleginnen und Kollegen war der Apotheker am vergangenen Wochenende an zwei Tagen in Folge auf sich allein gestellt: „Das war schon nicht ohne“, kommentiert der Inhaber seine 48-Stunden-Schicht, „Ich hätte nicht gedacht, dass es so viel auf einmal wird. Ich war am nächsten Tag total platt.“

So übernahm der Apotheker erst den Notdienst am 13. April in seiner Goethe-Apotheke in Moers, um mit kurzer Unterbrechung am Folgetag den Dienst in der Glückauf-Apotheke in Kamp-Lintfort anzutreten. Per Aushang machte Gülsen auf seine XXL-Schicht im Alleingang aufmerksam. „Viele Kunden haben mir ihren Respekt im Gespräch entgegengebracht“, freut sich der Apotheker. „Sie waren insgesamt sehr dankbar und hatten Verständnis für die Wartezeiten.“

Notdienst-Rezepturen inklusive

Am Sonntag in Kamp-Lintfort brauchte eine Mutter unbedingt eine Rezeptur für ihr noch kleines Kind, sie kam gerade aus dem ärztlichen Notdienst. „Die Schlange war zwar sehr lang, natürlich habe ich überlegt, ob ich die Rezeptur machen soll“, erklärt Gülsen. „Das Kind war sehr krank, natürlich habe ich es gemacht. Ich habe die Mutter gefragt, ob sie etwas warten kann und hergestellt.“ Zuvor informierte der Apotheker die Kundschaft über die wichtige Rezeptur und die zusätzliche Wartezeit.

Nach der Herstellung folgten noch weitere am Sonntag. Insgesamt stemmte er rund 350 Kunden innerhalb der 48 Stunden. „Dementsprechend sahen die Apotheken dann auch aus“, fasst er den Kundenansturm zusammen. Im Notdienst konnte er darauf keine Rücksicht nehmen, es ging zu wie im Taubenschlag. „Ich habe dann nach dem Dienst aufgeräumt.“

Viele Kunden, wenig Schlaf

Zwischen 10 Uhr und 13 Uhr am Sonntag in Kamp-Lintfort war der Ansturm besonders groß. „Nach dem letzten Kunden wollte ich mich nur für einen kurzen Moment hinsetzen, da kam direkt der nächste Ansturm.“ Zumindest hatte der Apotheker in der vorangegangenen Nacht etwas Schlaf finden könnnen. „Der letzte Kunde in Moers kam um 0.30 Uhr, ab dem Zeitpunkt konnte ich etwas schlafen, echter Luxus.“

Auf Facebook sendete der Inhaber eine Wasserstandsmeldung an seine Follower: „Unser Unterschied zur ‚Jauch-Apotheke‘: Herstellung am Sonntag für unsere Kleinsten, obwohl die Schlange bis ins Nirvana geht. 27 Stunden von 48 Stunden geschafft. Noch 21 Stunden to go!“

Eine echte Herausforderung

„Das war wirklich eine 48-Stunden-Challenge, die stark an den Kräften gezehrt hat und die ich so nicht freiwillig wiederholen würde“, resümiert Gülsen seinen Mammutdienst. Zusätzlich hatte er mit Nichtlieferbarkeiten – vorrangig Penicilline – zu kämpfen und hing deshalb häufig bei Arztpraxen in der Leitung.

„Ich wünsche mir einfach, dass die Politik endlich dafür sorgt, dass Apotheken für ihre Leistung honoriert werden, denn: Je mehr Apotheken schließen müssen, desto mehr solcher Notdienste kommen auf uns zu. Das möchte ich nicht“, kommentiert Gülsen seine Grenzerfahrung. In seinem Endlos-Notdienst war für ihn besonders auffällig: „Es gab viele Kunden, die einen weiten Anfahrtsweg zu mir hatten.“ Ein Kunde kam beispielsweise aus dem gut 25 Kilometer entfernten Wesel, ein anderer hat 45 Kilometer aus Düsseldorf auf sich genommen.

„Ich wusste zwar, dass an Sonntagen bei uns grundsätzlich mehr los ist. Dass aber so viel Menschen kommen, damit habe ich nicht gerechnet. Für eine Person ist 350 Mal Nachdenken und Lösungen finden wirklich anspruchsvoll.“

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