Hamm

„Ich bin froh, wenn wir es hinter uns haben“

, Uhr
Berlin -

Am Freitag öffnete die Elefanten-Apotheke in Hamm zum letzten Mal ihre Türen. Inhaber Volker Jansen wird seine Stern-Apotheke im nahegelegenen Ense weiter betreiben, ist aber froh, wenn er die Schließung der Filiale hinter sich hat.

Jansen steht genau vor dem Problem, weswegen so viele Apothekerinnen und Apotheker derzeit protestieren: Die Kosten für den Betrieb einer Apotheke stehen nicht mehr in Relation zum Gewinn. „Ich arbeite doch nicht für lau“, so der Apotheker – sichtlich genervt von der aktuellen Gesundheitspolitik und wegen Karl Lauterbach (SPD) auch mit wenig Aussicht auf Besserung.

Es hakt an allen Ecken

Seine Hauptapotheke sei zum Glück groß genug, um damit Verluste an anderen Stellen auszugleichen. Im Familienbesitz gibt es noch drei weitere Apotheken. Doch dass seine Leistung und die der Kolleg:innen derzeit weder gewürdigt noch honoriert wird, trieb auch ihn bei den Protesten in Dortmund und Düsseldorf auf die Straße. „Ich kenne kein Team, das nicht am Stock geht.“ Jetzt müssten alle mal mehr Mut haben und sich zur Wehr setzen.

Am Freitag war der letzte Tag und er ist froh, „wenn wir es hinter uns haben“. Die Kund:innen seien verwundert über die Notlage der Apotheke und verstehen die Hintergründe der Schließung kaum. Oftmals wurde Jansen mit dem veralteten Stereotyp des reichen Apothekers konfrontiert. „Die Zeiten sind aber vorbei.“ Stattdessen kämen die Kund:innen und freuten sich auch noch über den Ausverkauf – „die haben es nicht verstanden“. Genau an solchen Punkten hinke das System und auch das öffentliche Bild des Berufsstandes. Und dass den Krankenkassen bei ihrer Politik nicht endlich der Riegel vorgeschoben würde, verärgert den Jansen.

Aufklärung über Gründe

Inzwischen habe er bereits fünf ehemalige Inhaber:innen in seinem Team, das laufe super. Diese Apothekerinnen und Apotheker würden seine Herausforderungen bestens verstehen und sind zufrieden mit ihren klar geregelten Arbeitszeiten. An anderen Stellen wird es hingegen schwierig: Zwei PTA habe er an Krankenkassen verloren, zu einem Gehalt, dass er einfach nicht zahlen kann, selbst wenn er wollte.

„Es ist einfach nur traurig mitanzusehen und selber zu erleben, wie eine komplette Branche im Sinkflug ist, ihre täglichen Leistungen von der Politik nicht wertgeschätzt und ihre Warnungen ignoriert werden. Die angekündigten Pläne des Ministeriums werden weder die Lieferengpässe verbessern noch die Lage der Apotheken ändern. Wir sind sehr traurig und bedanken uns für das langjährige Vertrauen unserer Kunden!“, informiert Jansen seine Kunden via Facebook.

Auch auf seiner Internetseite bezieht er der Öffentlichkeit gegenüber umfangreich Stellung: „Keiner von uns würde freiwillig überdurchschnittlich viel arbeiten, und dafür unterdurchschnittlich bezahlt werden wollen: Sie nicht – und ich auch nicht – nicht für das wirtschaftliche Risiko, daß ich als Inhaber trage und die verantwortungsvolle Aufgabe, die wir jeden Tag leisten.“

Jeden Tag schließe eine Apotheke, so der Jansen weiter. „Dies wird zunächst die ländlichen Regionen treffen und erst später die Städte. Und erst dann wird auch die Politik merken, dass mit den Apotheken eine Einrichtung unseres Gesundheitswesens verloren geht, die für jedermann niederschwellig, ohne Termin zu erreichen ist, man immer eine akademische Beratung erhält, in der man kein Ticket ziehen muss und in der Menschlichkeit und Empathie selbstverständlich sind.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Tradition vs. verändertes Klientel
Bouhon schließt Nürnbergs älteste Apotheke
Fachkräftemangel in Großstädten
Plakataktion: PTA gesucht

APOTHEKE ADHOC Debatte