Notfallkontrazeptiva

Das erste Wochenende mit OTC-EllaOne

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Berlin -

Am Samstag wurde die „Pille danach“ rezeptfrei. Das Interesse der Kunden war vergleichsweise groß. Doch abgegeben wurde die rezeptfreie EllaOne (Ulipristal) offenbar kaum. Einige Kunden waren noch mit Preisrecherchen beschäftigt. Viele Apotheker hatten das Präparat aber auch noch gar nicht vorrätig.

Vorbereitet war etwa die Nordring-Apotheke in Berlin. Immerhin liegt die Apotheke in bester Lage im Szenebezirk Prenzlauer Berg. Filialleiterin Andrea Zarmann berichtet, dass man sich sofort am Samstagvormittag bevorratet hatte – doch die erste Anfrage gab es schon am Morgen. Zu diesem Zeitpunkt musste sie ein Paar noch wegschicken. Später kam eine Frau mit einem Rezept.

Die rezeptfreie EllaOne hat Zarmann noch nicht verkauft. Dabei hatte sie eigentlich erwartet, dass viele Frauen vorbeikommen würden. So hatte sie es zumindest erlebt, als die ersten Berichte über den OTC-Switch aufgekommen waren. Damals hatten einige Frauen die Nachrichten sogar so verstanden, dass es auch die „normale“ Pille ohne Rezept gebe, und es war Aufklärungsarbeit nötig.

Apotheker Alexander Rogowski, Inhaber der Sterndamm-Apotheke in Berlin, hatte in seinem Wochenendnotdienst ebenfalls noch keine Abgabe, aber einen Anruf: Ein Mann fragte nach, ob er die „Pille danach“ auch für seine Partnerin abholen könne. Rogowski erklärte, dass dies prinzipiell möglich sei, wenn er alle notwendigen Fragen beantworten könne. Danach habe er nichts mehr von dem Mann gehört.

Ob es sich bei dem verhinderten Kunden um einen Testkäufer handelte, weiß Rogowski nicht. Immerhin hatte der Mann sich auch nach dem Preis erkundigt – und war womöglich abgeschreckt: Rogowski veranschlagt wegen des erhöhten Beratungsaufwands 45 Euro für die „Pille danach“. In einer anderen Berliner Apotheke waren schon am Samstagabend alle sechs verfügbaren Packungen ausverkauft.

Dr. Peter Sandmann, Inhaber der Fidelio-Apotheke in München, hatte von Freitag auf Samstag Notdienst – also in der Nacht, als die Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) in Kraft trat. Noch vor Mitternacht hätten drei bis vier junge Frauen angerufen und sich nach der „Pille danach“ erkundigt, berichtet er. „Das waren Leute, die sich bevorraten wollten“, ist Sandmann überzeugt. Die wichtigsten Fragen: „Was kostet das? Kann ich drei haben?“ Der Apotheker schickte die Frauen zum Arzt – wiedergesehen hat er keine von ihnen.

Apotheker Heinz-Jürgen Waterkamp erlebte am Montag die ersten Preisverhandlungen. Eine Frau fragte: „Zu welchem Preis gibt es EllaOne bei Ihnen?“, erzählt der Inhaber der Rats-Apotheke im nordrhein-westfälischen Velbert. Ihr schwebte offenbar ein Betrag um die 20 Euro vor. Zu tatsächlichen Verhandlungen kam es dann aber nicht, da Waterkamp das Präparat erst bestellt und noch nicht vorrätig hatte.

In anderen Apotheken blieb es ruhig – oder ging zumindest seinen normalen Gang. In der Humboldt-Apotheke in Hamburg-Hamm gab es ebenfalls zwei bis drei Anrufe, immer waren die Freunde der Frauen am Apparat. Da die apothekenpflichtige EllaOne aber auch hier erst seit heute vorrätig ist, wurden die Anrufer an den ärztlichen Bereitschaftsdienst verwiesen. Tatsächlich kamen später auch zwei Frauen mit einem Rezept über die PiDaNa (Levonorgstrel) – abgegeben werden konnte nur ein Medikament, mehr war nicht auf Lager.

Derweil haben sich die Versandapotheken weitgehend in das Versandverbot für Notfallkontrazeptiva gefügt und die Präparate von ihren Seiten genommen. Ganz eindeutig war die Sachlage aber auch hier nicht: Einige Versender hatten zunächst nur das OTC-Präparat EllaOne gestrichen, und die Levonorgstrel-Präparate weiter angeboten. Darunter war etwa die große Versandapotheke Aponeo. Der Fehler wurde inzwischen behoben.

In der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), deren Änderung ebenfalls am Samstag in Kraft trat, heißt es, dass das Inverkehrbringen im Wege des Versand „für zur Notfallkontrazeption zugelassene Arzneimittel mit den Wirkstoffen Levonorgestrel oder Ulipristalacetat“ nicht zugelassen ist. Eine Unterscheidung in verschreibungs- und apothekenpflichtige Arzneimittel gibt es nicht.

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