Am 1. Mai leistete Stefan Reichensperger einen 24-Stunden-Notdienst in der Apotheke im Halleschen Einkaufspark (HEP) in Halle (Saale), ganz allein. Sein Fazit: „Ich empfinde jedes Problem im Bereitschaftsdienst als relevant und freue mich, wenn ich den Menschen helfen kann.“ Denn insbesondere in dieser Schicht können Apothekerinnen und Apotheker zeigen, wie fachkompetent sie sind. „Wir sollten den Dienst mit stolzer Brust verrichten, statt immer nur zu jammern.“
In seinem Notdienst am 1. Mai habe er insgesamt 71 Kundinnen und Kunden helfen können. „Es waren viele Verordnungen über Antibiotika dabei, oder Arzneimittel gegen Allergien oder Durchfall“, erklärt Reichensperger. Aber auch nach Fieberthermometern oder einem Schwangerschaftstest wurde gefragt. „Ich persönlich kann es durchaus nachvollziehen, dass auch solche Dinge für die Menschen relevant sind.“
Vor allem im Notdienst könne man seine Kompetenz unter Beweis stellen und hätte mehr Freiraum als im normalen Dienst. „Wir arbeiten sehr gut mit den Kliniken zusammen, dürfen im gewissen Rahmen Arzneimittel austauschen und genießen mehr Freiheiten als sonst. Deswegen finde ich, dass man solche Dienste mit stolzer Brust verrichten sollte, statt immer nur zu jammern, dass mal jemand 4 Uhr morgens nach einem Nasenspray fragt“, so Reichensperger.
Wenn die Politik, wie unter Karl Lauterbach (SPD) zunächst angedacht, den Apotheken auch noch den Notdienst wegnähme, würde ein Alleinstellungsmerkmal wegfallen. „Ich kann doch nicht alle Menschen nachts zur Ambulanz schicken, das löst die Probleme auch nicht“, findet er. So seien Beschwerden über ausländische Menschen im Notdienst auch fehl am Platz. „Meist haben die Menschen keinen Hausarzt, sind also auf die Ambulanz angewiesen und kommen dann mit den Verordnungen in die Apotheke“, erklärt er. „Ich habe damit überhaupt kein Problem, sie sind immer höflich und sehr nett, aber vor allem sehr dankbar, dass wir da sind.“
Überhaupt freue er sich über die Wertschätzung seiner Kundschaft. „Wenn ich nachts jemanden im Notfall helfen kann und dafür Dankbarkeit gezeigt bekomme, dann weiß ich, wofür ich das mache“, so Reichensperger. „Dann sehe ich auch, der Bedarf ist definitiv da.“ Jammern könne man jedenfalls über ganz andere Sachen, stellt er klar. „Ich bin 60 Jahre alt und habe den Großteil an Notdiensten allein gestemmt. Es gab 20 Jahre lang kein extra Geld dafür, und wir haben es trotzdem gemacht“, so der Inhaber. „Jetzt gibt es doch wenigstens die Notdienstpauschale.“