Vorstandsvergütung

Kassen tricksen bei Chefgehältern

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Berlin -

Jedes Jahr im März müssen die Chefs der Krankenkassen und anderer Spitzenverdiener im Gesundheitswesen ihre Vorstandsvergütung im Bundesanzeiger veröffentlichen. Dieses Jahr gibt es aber Zoff mit dem Bundesversicherungsamt (BVA). Die Aufsichtsbehörde wirft den Kassen vor, nicht alle Bestandteile der Bezahlung ordnungsgemäß zu melden. Bei der Kontrolle der Meldungen sei aufgefallen, dass „vereinzelt“ keine konkreten Beträge für privat genutzte Dienstwagen und variable Vergütungen angegeben worden seien, heißt es in einem Mahnschreiben an die Kassen.

Das BVA fordert die Kassen auf, „umgehend“ korrigierte Nachmeldungen einzureichen und „sämtliche in 2018 für den Vorstand getätigten Aufwendungen mit den konkreten und vollständigen Eurobeträgen“ anzugeben. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) reagiert auf die Pflichtangaben zu den Vorstandsbezügen der Kassenchefs. In einem Änderungsantrag zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) soll klargestellt werden, dass für die Beurteilung der Angemessenheit der Vorstandsbezahlung alle Bestandteile der Vergütung und nicht nur die Grundvergütung ausschlaggebend sind. Außerdem kündigte Spahn bereits im September an, die Vorstandsgehälter für zehn Jahre einzufrieren: „Die Gehälter der Verbandschefs sollen bis 2028 nicht mehr steigen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Obwohl die zum 1. März erfolgten Veröffentlichungen im Bundesanzeiger offensichtlich noch nicht vollständig sind, gab es ausweislich der dortigen Meldungen im vergangenen Jahr die höchsten Prämien neben der Grundvergütung bei der AOK Baden-Württemberg mit 60.000 Euro, der Salus BKK mit 59.627 Euro und der AOK Nordost mit 55.000 Euro.

Insgesamt verändern die Zusatzzahlungen aber nichts am Ranking der Vorstandsbezüge der Kassenchefs, die zu den Top-Verdienern im Gesundheitswesen gehören. Jedes Jahr steigen die Vorstandsgehälter um vierstellige, in wenigen Fällen auch fünfstellige Summen. Die beiden größten Kassen, TK und Barmer, greifen für ihre Chefs am tiefsten in die Tasche. Übertroffen werden die beiden nur noch von einem Ärztefunktionär.

Wie schon in den letzten Jahren ist TK-Chef Jens Baas der Top-Verdiener unter den Kassenchefs. Sein Jahressalär stieg 2018 um knapp 10.000 Euro auf 333.716 Euro. Christoph Straub, Chef der zweitgrößten Kasse Barmer, verdiente im vergangenen Jahr 8665 Euro mehr als 2017 und somit 297.512 Euro. Deutlich höher fiel der Zuwachs für den Vorstandschef der DAK-Gesundheit aus. Das Gehalt von Andreas Storm wuchs um 14.500 Euro auf 284.000 Euro.

Die Gehälter der AOK-Chefs liegen auf Augenhöhe mit Storm: Bei der AOK Bayern gab es zum 1. April einen Führungswechsel. Insgesamt zahlte die Kasse für ihre beiden Vorstandschefs im Jahr 2018 mit 267.916 Euro etwas weniger als im Jahr zuvor. Für Baden-Württembergs AOK-Chef Dr. Christopher Hermann, der Ende des Jahres sein Amt aufgeben wird, wurde unverändert ein Gehalt von insgesamt 260.000 Euro veröffentlicht.

Bei der AOK Hessen mit 1,6 Millionen Versicherten geht Vorstandschef Detlef Lamm mit rund 233.200 Euro nach Hause, 10.000 Euro mehr als im Vorjahr. Bei der kleineren AOK Bremen sind es bei Olaf Woggan noch gut 197.000 Euro, 3000 Euro mehr als im Vorjahr. Von den Chefs der Innungskassen verdient der Vorstand der IKK classic, Frank Hippler, mit rund 257.000 Euro am besten. Die Kasse hat 3,3 Millionen Versicherte. Bei großen Betriebskassen wie etwa der BKK Mobil Oil mit über einer Million Versicherten erhält Vorstandschef Mario Heise knapp 174.000 Euro Gehalt. Im Jahr zuvor waren es 170.000.

Unter den Kassenverbänden werden beim GKV-Spitzenverband die höchsten Saläre gezahlt. Vorstandschefin Dr. Doris Pfeiffer sind im Vorjahr 258.000 Euro aufs Konto gebucht worden, 6000 Euro mehr als 2017. Der Posten der Vorstandschefin des Ersatzkassenverbands, Ulrike Elsner, ist mit 212.000 Euro dotiert. Bei ihrem Kollegen Martin Litsch, Chef des AOK-Bundesverbands, kamen zu ebenfalls 212.500 Euro Fixgehalt noch gut 40.000 Euro variable Vergütung dazu. Mehr als alle Kassenchefs verdiente im Gesundheitswesen nur KBV-Vorstandschef Dr. Andreas Gassen. Seine Arbeit wurde 2018 mit rund 349.000 Euro vergütet. Gassen geht zudem einer genehmigten Nebentätigkeit nach, einen Tag in der Woche arbeitet er in einer Arztpraxis.

Zum Gehaltsvergleich ein paar Politikergehälter: Die Amtsbezüge von Bundeskanzlerin Angela Merkel liegen bei rund 300.000 Euro, rund 20.000 Euro pro Monat inklusive Ortszuschlag und Dienstaufwandsentschädigung plus die Hälfte der Abgeordnetendiäten. Für ihre Kabinettsmitglieder gilt: Ein Bundesminister (verheiratet, „ohne berücksichtigungsfähige Kinder“, Ehegatte nicht im öffentlichen Dienst) erhält derzeit rund 16.000 Euro. Parlamentarische Staatssekretäre verdienen 12.000 Euro monatlich.

Im Vergleich dazu wird ABDA-Präsident Friedemann Schmidt spärlich entlohnt. Er erhält eine pauschale Entschädigung für den tatsächlichen Aufwand in Höhe von 120 Prozent des Tarifgehaltes eines approbierten Mitarbeiters der höchsten Stufe. Bei knapp 4000 Euro Tarifgehalt sind das rund 55.000 Euro. Das Amt des ABDA-Präsidenten ist allerdings ein Ehrenamt – und wird oft aufgestockt durch die Vergütung in der jeweiligen Landesorganisation und weitere Mandate etwa bei der Apobank. Außerdem bekommen die Funktionäre der Kammern und Verbände Reisekosten und Sitzungsgelder.

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