34.000 Packungen pro Monat

Ivermectin gegen Sars-CoV-2: Nachfrage steigt, Absatz explodiert

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Berlin -

Der Wirkstoff Ivermectin ist Apothekenteams vor allem aus der Krätze-Behandlung bekannt. Bereits seit längerem wird er jedoch auch im Kampf gegen Sars-CoV-2 erprobt. Der Hersteller Infectopharm erlebt in Österreich derzeit einen regelrechten Run auf das Arzneimittel: Denn in der benachbarten Slowakei ist der Einsatz bei Covid-19 bereits empfohlen.

In den Apotheken gilt Ivermectin als klassisches Antiparasitikum. Während der Wirkstoff von Sanofi in Deutschland mittlerweile unter dem Handelsnamen Driponin vertrieben wird, gilt in Österreich noch der alte Name Scabioral. In der Alpenrepublik ist Ivermectin mittlerweile weit mehr als „nur“ ein Krätzemittel, wie der Hersteller berichtet: Denn dort vertreibt Infectopharm als einziger Anbieter den Wirkstoff. In Deutschland bietet seit Mitte April auch die Firma Medical Valley Invest AB / Xiromed mit dem Präparat Iveraxiro das Antiparasitikum an.

Seit Anfang des Jahres empfiehlt die Slowakei als erstes EU-Land den Einsatz von Ivermectin bei Covid-19. Der Absatz von Scabioral sei daher in österreichischen Apotheken in Grenznähe geradezu „explodiert“, berichtet Geschäftsführer Philipp Zöller. Zuvor seien im Jahr 2020 im Schnitt rund 8000 Packungen Scabioral pro Monat verkauft worden – zwischen Februar und April seien es jedoch 34.000 Packungen pro Monat gewesen. „In diesen drei Monaten waren wir zweimal und insgesamt für fünf Wochen lieferunfähig.“ Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) habe Ivermectin daher mittlerweile „zum Schutz der eigenen Bevölkerung“ mit einem Exportverbot belegt. Der Umsatz ist seit dem Frühjahr wieder deutlich gesunken.

Die Datenlage zu Ivermectin ist nach wie vor umstritten. Während einige Wissenschaftler:innen von dem Wirkstoff überzeugt sind, warnen andere vor zu frühen Rückschlüssen. „Es gibt kaum ein Thema, welches dermaßen spaltet. Die Fachwelt ist völlig verstritten“, sagt auch Zöller. Immer wieder gab es Kritik an den bisherigen Studien: Denn meist waren sie nur relativ klein oder von geringer Aussagekraft, da sie in Methodik, Größe und Untersuchungsland variierten. Oftmals mussten zudem viel höhere Dosen verwendet werden als eigentlich üblich. Die konkreten Dosierungen schwanken von Studie zu Studie und sind noch unklar.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führte daher zu Beginn des Jahres eine Meta-Analyse durch, um die Ergebnisse zu bündeln und auszuwerten. Insgesamt wurden 18 randomisierte und kontrollierte Studien zu Ivermectin und Covid-19 ausgewertet. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Entzündungswerte unter der Therapie gesenkt und die Dauer möglicher Krankenhausaufenthalte signifikant reduziert werden konnten. In sechs Studien konnte eine Reduktion der Sterbewahrscheinlichkeit um 75 Prozent dargelegt werden. Eine klare Empfehlung gibt es seitens WHO jedoch nicht. Ivermectin geriet daraufhin erneut in den Fokus, weil es gegen diese Empfehlung in Lateinamerika für die Behandlung von Covid-19 beworben wurde. Außerdem gibt es zahlreiche Berichte über Selbstbehandlungen mit dem Krätzemittel.

Kürzlich gab die Universität Oxford bekannt, den Wirkstoff in die großangelegte „Principle-Studie“ aufzunehmen, in der auch andere Substanzen wie Favipiravir oder Budesonid untersucht werden. Insgesamt sollen im Zuge der Untersuchung mehr als 5000 Teilnehmer im Alter von über 50 Jahren rekrutiert werden, um Ivermectin mit der bisherigen Standard-Behandlung zu vergleichen. „Durch die Einbeziehung von Ivermectin in eine groß angelegte Studie wie Principle hoffen wir, belastbare Beweise zu liefern, um festzustellen, wie wirksam die Behandlung gegen Covid-19 ist und ob es Vorteile oder Schäden, die mit seiner Verwendung verbunden sind”, erklärte Chris Butler, Co-Leiter der Studie.

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