Personalmangel

Immer mehr Apotheken verkürzen Öffnungszeiten

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Berlin -

Der Personalmangel belastet die Apotheken schwer. Oft werden laut einer aktuellen aposcope-Umfrage offene Stellen monatelang nicht besetzt. Um den Betrieb überhaupt am Laufen zu halten, werden vielerorts Überstunden angeordnet oder die Öffnungszeiten reduziert.

Für die Hälfte der Teams ist die Belastung durch nicht besetzte Stellen aktuell groß oder sehr groß, wobei die Angestellten das häufiger so empfinden als ihre Chefs. Fakt ist: In zwei von drei Apotheken gibt es laut Umfrage unbesetzte Stellen. Angestellte Approbierte (43 Prozent) und PTA (50 Prozent) werden am häufigsten genannt. In jeder fünften Apotheke wird sogar mehr als ein/e neue/r PTA gesucht. Auch für PKA gibt es reichlich unbesetzt Stellen.

Offene Stellen lange unbesetzt

Und wie schwer es ist, offene Stellen zu besetzen, zeigt sich an der Dauer der Suche: Im Durchschnitt ein halbes Jahr benötigten Inhaber:innen, um eine/n Filialleiter:in zu finden, bei angestellten Approbierten und PTA sogar rund 11 beziehungsweise 10 Monate.

Entsprechend werden bei der Suche alle Kanäle bespielt: Stellenanzeigen – hier liegt online (52 Prozent) mittlerweile klar vor den Fachzeitschriften (39 Prozent) – sind der Schwerpunkt, aber auch Social Media (31 Prozent), die Agentur für Arbeit (25 Prozent) und die Apothekerkammer (10 Prozent) werden genutzt. Ein sehr wichtiger Faktor ist aber nach wie vor das persönliche Netzwerk (54 Prozent), also Freund:innen, Kolleg:innen und die Familie. Manche Apotheken versuchen es mit Personalvermittlern (8,9 Prozent) oder Flyern (8 Prozent).

Überstunden gehören zum Alltag

Wenn also Personal fehlt und die Stellen nicht schnell besetzt werden können, wie reagieren die Inhaber:innen auf den Engpass? 59 Prozent ordnen Überstunden für die vorhandenen Kolleg:innen an. Jeder zweite Betrieb bildet selbst aus und hofft, dass die PTA-Schüler:innen und Pharmazeut:innen im Praktikum anschließend in der Apotheke bleiben. 23 Prozent werben an PTA-Schulen für sich, 21 Prozent behelfen sich mit studentischen Hilfskräften, etwa für Backoffice-Aufgaben. Ebenfalls gängig sind finanzielle Anreize für Mitarbeitende bei erfolgreicher Besetzung einer Stelle (18 Prozent) sowie die Wiedereinstellung von Kolleg:innen, die eigentlich schon in Rente waren (17 Prozent).

Aber wenn das alles nicht hilft, muss eben das Angebot reduziert werden. Viel Spielraum haben Apotheken mit ihrem Versorgungsauftrag nicht, aber jede vierte (25 Prozent) stellt Dienstleistungen wie das Blutdruckmessen oder Kompressionsstrumpfmessung ein.

Verkürzte Öffnungszeiten

Wer nicht an der Qualität des Angebots sparen will, verkürzt vielleicht die Öffnungszeiten: 14 Prozent haben eine Mittagspause eingeführt, 9,5 Prozent haben sogar den Samstag komplett gestrichen. Basis zu diesen Aussagen sind jeweils Apotheken mit aktuell unbesetzten Stellen. Immerhin 8,6 Prozent berichten von täglich verkürzten Öffnungszeiten bis hin zu den Mindestöffnungszeiten: wochentags von 9 bis 12 Uhr und 15 bis 18 Uhr, samstags von 9 bis 12 Uhr.

Laut Umfrage hat jede vierte Apotheke (26 Prozent) mit unbesetzten Stellen oder Mitarbeitenden in Corona-Isolation bei ihrer Apothekerkammer schon einen Antrag auf angepasste Öffnungszeiten gestellt. Auch auffällig unter den Apotheken mit reduzierten Öffnungszeiten: Während 19 Prozent dies schon seit mehr als einem Jahr umsetzen, ziehen jetzt immer mehr Betriebe nach. 32 Prozent haben die Maßnahme in den vergangenen drei Monaten beschlossen.

Bei den genannten Gegenmaßnahmen haben die Befragten jeweils angegeben, dass diese bereits umgesetzt würden. In etlichen weiteren Apotheken werden entsprechende Reaktion ebenfalls diskutiert oder sind schon konkret in Planung. Damit dürften beispielsweise angeordnete Überstunden bald Alltag in fast drei Viertel der Apotheken sein. Sofern diese Überstunden irgendwann ausgeglichen werden sollen, verschiebt sich das Problem also in die Zukunft und wird immer größer. Ob alle Betriebe andererseits über die wirtschaftliche Kraft verfügen, die angehäuften Überstunden auszubezahlen, ist ebenfalls fraglich.

Corona-Ausfälle belasten zusätzlich

Neben dem allgemeinen Fachkräftemangel belastet aktuell die hohe Corona-Inzidenz die Apotheken. Nur 43 Prozent der Befragten gab an, dass gerade kein Kollege oder Kollegin in Isolation oder Quarantäne ist. In 30 Prozent der Apotheken fehlen derzeit ein bis zwei Mitarbeitende, in anderen Betrieben gibt es sogar noch mehr Ausfälle. 22 Prozent der Befragten wissen nicht, ob sich aktuell Kolleg:innen in Quarantäne befinden. In den Apotheken mit Corona-Fällen werden die oben angeführten Maßnahmen noch häufiger umgesetzt: angeordnete Überstunden in 70 Prozent der Fälle, eingeschränkte Dienstleistung in 29 Prozent.

An der aposcope-Umfrage nahmen am 3. und 4. August insgesamt 507 verifizierte Apothekeninhaber:innen, angestellte Approbierte und PTA teil.

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