Verteilung, Ausgleich, Entlohnung

Wenn Notdienst auf Personalmangel trifft

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Berlin -

Fehlende Mitarbeiter:innen erschweren es Inhaber:innen und Filialleitungen, die anfallenden Bereitschaftsdienste fair zu verteilen. Wie ist das, wenn nach einem 24-Stunden-Dienst zur Aufrechterhaltung des Betriebes eigentlich weitergearbeitet werden müsste? Wenn der Freizeitanspruch nach dem Nachtdienst also nicht gewährt werden kann? Die Adexa betont, dass chronischer Personalmangel kein Notfall ist, und erläutert, worauf in der Praxis geachtet werden muss.

In der Apotheke gelten eigentlich klar definierte Regeln, wenn es um die Themen Bereitschaftsdienst, Arbeits- und Ruhezeiten geht. Doch der Personalmangel, die beginnende Urlaubszeit und auch weiterhin anhaltende Quarantänemaßnahmen machen es Inhaber:innen und Filialleiter:innen schwer, gut und fair zu planen. Die Adexa liefert nun Antworten auf häufig gestellte Fragen. Dabei betont die Rechtsanwältin Minou Hansen, dass chronischer Personalmangel kein Notfall ist, sondern eine dauerhaft bestehende Situation die das Handeln des Inhabers/ der Inhaberin erfordert.

Wieviel Notdienst kann ein einzelner Leisten?

Notdienste werden nach klaren Regeln unter der Leitung und den Angestellten aufgeteilt. Kein/e einzelne/r Arbeitnehmer:in darf mehr als 50 Prozent der anfallenden Bereitschaften übernehmen. Dabei beziehen sich die 50 Prozent auf Vollzeitkräfte mit 40 Wochenstunden. Bei 35 Wochenstunden muss der/die Apotheker:in nur 43,75 Prozent aller anfallenden Notdienste übernehmen. Hierfür setzt die Adexa folgende Beispielrechnung an:

50 Prozent / 40 Stunden x 35 Stunden = 43,75 Prozent

Personalmangel darf nicht zu Lasten der Mitarbeiterrechte gehen

Was ist, wenn zu wenige Apotheker:innen in der Apotheke arbeiten, oder nur eine Kraft Vollzeit arbeitet? Dann kommt es schnell zu ungleichen Verteilungen, und die Vollzeitkräfte müssen mehr Dienste ableisten. „Wenn die Apotheke immer unterbesetzt ist, es also keine zweite notdienstberechtigte Person gibt, ist dies kein zwingender Notfall, sondern ein Dauerzustand“, mahnt die Rechtsanwältin. Dementsprechend kann auch nicht von einer Sonderregelung Gebrauch gemacht werden, die es ermöglicht, mehr als die Hälfte aller Notdienste zu leisten. Eine wirkliche Lösung scheint es nicht zu geben. Eine schwierige Situation, die nur zusammen mit der Apothekenleitung zu klären sei, so Hansen. Am Ende sei es aber auch die Leitung, die laut Apothekenbetriebsordnung für die personelle Besetzung verantwortlich sei.

Dürfen Tag- und Nachtdienst kombiniert werden?

Laut Adexa ist die Kombination möglich. Am Ende resultiert aus dem Zusammenlegen in einigen Fällen ein 24-Stunden-Dienst. Die gesetzliche Höchstarbeitszeit liege zwar bei zehn Stunden je Werktag, doch „Abweichungen sind durch den Tarifvertrag möglich, wenn in der Arbeitszeit Bereitschaftsdienst liegt“, erläutert Hansen. Schaut man in den Bundesrahmentarifvertrag, so dürfen 24-Stunden-Dienste geleistet werden.

Nach solch einem Dienst hat derjenige, der die Bereitschaft übernommen hat, Anrecht auf Freizeit. Bei Personalmangel führt diese Regelung mitunter gleich zum nächsten Problem. Liegt kein dringender betrieblicher Grund vor, so haben Apotheker:innen nach der Notdienstbereitschaft Anrecht auf mindestens zwölf Stunden Freizeit. Müsste die Apotheke aufgrund der Inanspruchnahme der Freizeit geschlossen bleiben, so liegt ein dringender betrieblicher Grund vor. „Aus der Kommentierung zum Bundesrahmentarifvertrag ergibt sich aber nicht, ob dies bei jedem Bereitschaftsdienst als dringender Grund zu bewerten ist.“ Anhaltender Personalmangel dürfe nicht dazu führen, dass Arbeitnehmer:innen auf ihren rechtlich zugeschriebenen Freizeitanspruch verzichten müssen.

Um für die freie Zeit nach den Diensten keine Minusstunden oder einen Dienstausfall zu kassieren, empfiehlt die Hansen die Kommunikation vorab. Laut der Rechtsanwältin könnte eine Vergütung des Bereitschaftsdienstes in Freizeit statt in Geld eine adäquate Lösung sein. Die Stundengutschrift könnte so direkt am Folgetag aufgebraucht werden. Apotheker:innen sollten bereits beim Aushandeln des Arbeitsvertrages fordern, dass die Freistellung nach einem Bereitschaftsdienst vergütet wird.

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