Eklat beim VDARZ

Rechenzentren wollen eigenen Verband auflösen

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Berlin -

Ob Corona-Masken, pDL-Pauschale oder zuletzt die Einführung des E-Rezepts: Immer wieder mussten die Softwarehäuser und Rechenzentren in den vergangenen Jahren bei kurzfristigen Neuerungen oder unerwarteten Komplikationen gemeinsam pragmatische Lösungen finden. Immer wieder haben die Verbände ADAS und VDARZ auf technischer Seite für die Verbände die Kohlen aus dem Feuer geholt. Doch jetzt steht dem VDARZ plötzlich die Auflösung bevor.

Im Hilton am Frankfurter Flughafen soll am kommenden Dienstag über die Auflösung des VDARZ abgestimmt werden. „Die Entwicklungen, insbesondere seit der vergangenen Mitgliederversammlung, haben uns als Vorstand zur Überzeugung gebracht, dass mit dem VDARZ als Vereinigung die Verfolgung des Vereinszwecks nicht möglich ist“, heißt es in einem Schreiben an die Mitglieder. Vor diesem Hintergrund sei man in „schwierigen Erörterungen“ zu dem Ergebnis gekommen, die Mitglieder abstimmen zu lassen. Sollten sich genügend Stimmen finden, könnte die Liquidation bereits zum Jahresende erfolgen.

Worum es konkret geht, wird in dem Schreiben nicht näher erläutert. Dem Vernehmen nach ließen sich unter standeseigenen und privaten Rechenzentren zuletzt immer weniger gemeinsame Positionen finden. Während man sich zunächst noch einig war, was etwa das von Scanacs entwickelte Modell der Direktabrechnung angeht, haben sich hier mit Dick und Wünsch bereits zwei Kooperationspartner gefunden.

Vor allem aber hat offenbar niemand mehr Lust auf die zusätzliche Arbeit. Vorstandschef Bernd Hammer vom ARZ Darmstadt geht zum Jahresende in Rente, bei Michael Gabler von Noventi scheinen aber die Bedenken zu überwiegen, sich selbst an die Spitze des Vereins wählen zu lassen.

Noch aber wollen sich nicht alle Mitglieder mit dem geplanten Ende abfinden. Denn in den vergangenen Jahren habe sich der Verband durchaus bezahlt gemacht, heißt es. Konsequenz einer Auflösung wäre, dass alle 17 Landesapothekerverbände und der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit jedem Rechenzentrum einzeln kommunizieren müssten. „Die kurzfristige Umsetzung von zeitkritischen Projekten – wie etwa die Abrechnung von Impfzertifikaten in der Corona-Pandemie – wären nicht mehr möglich“, so der Vertreter eines Rechenzentrums. Die selektive Kommunikation berge aber erst recht die Gefahr, als Kartellabsprache ausgelegt zu werden.

In einem Schreiben fordern die Mitglieder im Vorfeld des Termins in der kommenden Woche vom Vorstand noch eine umfassenden Tätigkeitsbericht sowie eine detaillierte Begründung seiner Aussage, dass der Vereinszweck sich nicht mehr erreichen ließe. „Zudem stellt sich die Frage, warum der Vorstand nicht explizit jene Mitglieder, die diese Meinung teilen, zum Austritt auffordert, anstatt eine Auflösung des Vereins anzustreben.“

Man ahnt bereits, wie die Entscheidung ausgehen könnte. Denn in der Einladung fehlten obligatorische und für das weitere Bestehen wichtige Tagesordnungspunkte wie Haushalt und Rechnungsabschluss. Auch Mitgliedsbeiträge seien bislang nicht eingefordert worden.

Am Dienstag bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit, bei Anwesenheit von drei Vierteln der Vereinsmitglieder. Da diese Schwellen wohl absehbar nicht erreicht werden, hat der Vorstand schon eine Woche später ein weiteres Treffen anberaumt. Hier muss dann nur noch die Hälfte der Mitglieder anwesend sein. Und nach einer Satzungsänderung aus dem Frühjahr haben die großen Rechenzentren drei Stimmen, während die privaten Unternehmen nur jeweils eine Stimme abgegeben können.

Am 20. März 2018 im Berliner Hotel Regent gegründet, hat sich der VDARZ auf die Fahne geschrieben, gemeinsame Schnittstellen und technische Standards zwischen Warenwirtschaftssystemen und Apothekenrechenzentren zu schaffen, um „Insellösungen“ zu vermeiden und ein größtmögliches Maß an Zusammenarbeit herzustellen.

Ordentliches Mitglied kann jedes Rechenzentrum werden, das im Auftrag von deutschen Apotheken Rezepte abrechnet. Von Anfang an dabei waren ARZ Darmstadt, ARZ Haan, Dr. Güldener, NARZ sowie verschiedene private Anbieter. Noventi hatte sich schwer getan und war 2021 erst bei-, dann aber sofort wieder ausgetreten. Erst in diesem Jahr konnte Noventi endgültig an Bord geholt werden.

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