EuGH-Urteil

DPhG: Rx-Versand war politischer Fehler

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Berlin -

Die Freigabe des Rx-Versandhandels war ein „folgenschwerer gesetzgeberischer Fehler“, schreiben die Altpräsidenten der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) in einer Stellungnahme zum EuGH-Urteil. Wie sich jetzt zeige, habe die Bundesregierung 2003 durch diese Zulassung „auf einen bedeutenden Teil der Subsidiarität im Gesundheitswesen leichtfertig verzichtet“.

Der EuGH habe das Subsidiaritätsprinzip in seiner bisherigen Rechtsprechung immer bestätigt, demzufolge die nationalen Behörden für die Organisation und Bereitstellung der Gesundheitsversorgung zuständig sind. Auch mit dem Urteil zu Rx-Boni habe der EuGH „keineswegs seine bisherige Linie verlassen“: Die Richter hätten „konsequent im Sinne europäischer Wettbewerbsstandards entschieden, nachdem durch die Legalisierung des Versandhandels durch die deutsche Gesetzgebung einem Versand von Rx-Arzneimitteln vom Ausland nach Deutschland nicht zu widersprechen war“.

„Diese Fehlentscheidung des deutschen Gesetzgebers sollte zeitnah durch die Wiedereinführung eines Versandhandelsverbots korrigiert werden“, schreiben die DPhG-Altpräsidenten. „Arzneimittel – und erst recht verschreibungspflichtige Arzneimittel – eignen sich nicht für einen Wettbewerb beim Patienten.“

Durch die Preisbindung sei der Wettbewerb beim Patienten mit diesen besonderen Gütern bislang ausgeschlossen gewesen. Außerdem würden Arzneimittel von hoch qualifizierten Apothekern in einem dichten Netz von Präsenzapotheken an Patienten abgegeben und umfassend erläutert.

Die DPhG-Präsidenten weiter: „Sollte diese Versorgungsstruktur durch absehbare wirtschaftliche Auswirkungen eines durch Boni gestützten Versandhandels von Rx-Arzneimitteln von europäischen Nachbarn nach Deutschland ausgedünnt werden, bricht die wohnortnahe Versorgung mit pharmazeutischen Dienstleistungen, darunter beispielsweise ein gut organisierter Notdienst oder die Herstellung individueller Rezepturen und Sonderanfertigungen, die für den Versandhandel aus dem Ausland vollkommen unattraktiv bzw. unmöglich sind, vorhersehbar zusammen.“

Diese Schutzmaßnahmen stünden wegen des EuGH-Urteils derzeit zur Disposition. „Die Zeichner dieser Erklärung halten jedoch alle Maßnahmen zur Sicherung der aktuellen Versorgungssituation für unverzichtbar. Daher appellieren wir an die politischen Verantwortungsträger, die Entscheidungshoheit über die Versorgungmodalitäten mit hochwirksamen Arzneimitteln durch ein Versandhandelsverbot von Rx-Arzneimitteln nach Deutschland zurückzuholen.“

Unterzeichnet wurde die Erklärung für alle Altpräsidenten der DPhG von Professor Dr. Theo Dingermann, Professor Dr. Ulrike Holzgrabe, Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz und Professor Dr. Dieter Wibke Steinhilber.

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