Die Verhandlungen sind abgeschlossen, der Koalitionsvertrag liegt auf dem Tisch: Vorgesehen sind unter anderem die Abschaffung der Nullretaxationen aus formalen Gründen und die Aufhebung des Skonti-Verbots. Außerdem soll das Fixum auf 9,50 Euro steigen – mit der Möglichkeit, „in Abhängigkeit vom Versorgungsgrad“, bis zu 11 Euro zu erreichen. Was bedeuten diese Änderungen konkret? Apotheker Florian Köster spricht darüber im Live-Talk der APOTHEKENTOUR in Rostock.
CDU, CSU und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt – auch die Apotheken sind darin bedacht worden. Die zukünftigen Koalitionspartner versprechen, nach jahrelangem Stillstand das Fixum einmalig auf 9,50 Euro anzuheben. Danach soll die Apothekerschaft regelmäßig selbst mit dem GKV-Spitzenverband verhandeln. Für einige Apotheken könnte es sogar noch mehr geben: „In Abhängigkeit vom Versorgungsgrad kann es insbesondere für ländliche Apotheken in einem Korridor bis zu 11 Euro betragen“, heißt es in dem Papier.
Aber wie genau wird der Versorgungsgrad bestimmt? Schaut man auf die Apothekendichte, würde es für das im Vergleich bevölkerungsarme Flächenland Mecklenburg-Vorpommern wohl kein zusätzliches Geld geben: Mit rund 360 Apotheken auf etwa 1,6 Millionen Menschen ergibt sich eine Versorgungsdichte von 22 Apotheken pro 100.000 Einwohner – das liegt sogar über dem bundesweiten Durchschnitt von 21 Apotheken. In der Millionenstadt Hamburg liegt die Dichte zum Vergleich bei 20 Apotheken pro 100.000 Einwohner, in Berlin und Bremen sogar noch darunter. Also doch keine Stärkung des ländlichen Raums?
„Statt über die Dichte könnte man es über lokale Rx-Packungen lösen“, erklärt Köster. Denkbar wären Sockelbeträge – unabhängig von der Größe der Apotheke. Natürlich müssten auch Regelungen gefunden werden, um ein Umverteilen von Rezepten im Filialverbund zu verhindern. Alternativ könnte man gezielt auf unterversorgte Regionen schauen. „Es ist schwer zu pauschalisieren“, räumt er ein. „Ich denke, am Ende wird es auf die Rx-Packungen hinauslaufen.“
Vor allem sei wichtig, dass die versprochene Fixumserhöhung schnell in Kraft trete. „Die Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern haben keine Luft mehr“, betont er. Er begrüßt, dass die Fixumserhöhung im Koalitionsvertrag festgeschrieben sei, nun komme es auf die Umsetzung an. „Was wir jetzt brauchen, ist eine schnelle Umsetzung“, wiederholt er. Dafür sollten aus seiner Sicht auch Mittel aus dem pDL-Topf genutzt werden. „Dieser Topf muss angefasst werden, sonst fliegt uns er um die Ohren“, warnt der Apotheker.
Wie viel aus den Reserven abgeschmolzen werden könne, lasse sich abschätzen. Schließlich wisse man, wie viel in den vergangenen Jahren eingegangen und für Dienstleistungen ausgezahlt worden sei. „Wir brauchen schnell diese Soforthilfe“, betont er. Auch er selbst habe Filialen, die defizitär liefen und derzeit noch querfinanziert würden – um die Versorgung sicherzustellen. Doch das könne er nicht mehr lange aufrechterhalten. Köster betreibt gemeinsam mit seiner Frau insgesamt sieben Offizinen.
Nach der einmaligen Erhöhung soll die Apothekerschaft zukünftig selbst mit dem GKV-Spitzenverband über das Honorar verhandeln. „Verhandeln sollte man immer dürfen“, findet er. Besonders begrüßt er, dass diejenigen, die das System kennen, am Verhandlungstisch sitzen sollten, anstatt dass fachfremde Politiker, die oft weniger Verständnis haben, Entscheidungen von oben herab zu treffen. Er ist mit der Verhandlungslösung zwar grundsätzlich einverstanden, wünscht sich aber eine feste Dynamisierung, bei der nur noch die Höhe verhandelt wird. Der Apotheker befürchtet jedoch, dass es zu keiner Einigung zwischen den verhandelnden Parteien kommen wird und das Thema schließlich in der Schiedsstelle landet, wobei die Politik am Ende wieder eingreifen muss. Er hofft außerdem, dass der Phagro den Apotheken mit dem Skonto entgegenkommt.
Mit Fachkräftemangel hat der Apotheker selbst zwar aktuell nicht zu kämpfen, das Problem bestehe aber grundsätzlich. Auch hier stehe die wirtschaftliche Stabilisierung der Branche im Vordergrund: Damit Apotheken als Arbeitgeber attraktiv bleiben können, müssten die Gehälter steigen – und das sei nur mit einem besseren Honorar möglich. Eine pauschale Erhöhung auf 9,50 Euro würde dabei kaum helfen, denn damit könnten gerade einmal die Kostensteigerungen der vergangenen Jahre ausgeglichen werden.
Auch mit Blick auf neue Aufgaben – etwa mehr Verantwortung und Leistungen in der Prävention –, sei klar: Apotheken werden künftig mehr Personal benötigen.
Im Hinblick auf die Entbürokratisierung fordert Köster eine enge Zusammenarbeit zwischen Kammern, Kassen und Landesregierungen. Er begrüßt die im Koalitionsvertrag versprochene Abschaffung der Nullretaxation bei formellen Fehlern, insbesondere bei Rezepturen seien Retaxationen ein großes Problem. Diese nicht mehr anzubieten, sei für ihn „unkollegial“. Schließlich werde den Versendern oft „Rosinenpickerei“ vorgeworfen, während sie wichtige Bereiche wie Nacht- und Notdienste, Betäubungsmittel und Rezepturen nicht übernehmen. Positiv sei hier auch das Versprechen der Parteien, faire Wettbewerbsbedingungen im Arzneimittelversand zu schaffen, jedoch müsse gewährleistet werden, dass die Regelungen nicht zu kurz greifen.
Mit dem Koalitionsvertrag ist Inhaber Florian Köster insgesamt zufrieden: „Alle relevanten Themenkomplexe sind enthalten, nun kommt es auf die Umsetzung und vor allem auf das Tempo an“, betont er. Zuerst müsse die finanzielle Sicherung gewährleistet sein, dann gehe es um klare Perspektiven. Die Frage sei: Soll der Apothekenberuf eher als kaufmännisch oder heilberuflich verstanden werden? Es gebe unterschiedliche Ansätze. Köster erwartet, dass die Regierung eine klare Richtung vorgibt. „Am liebsten wäre mir eine Mischung aus beiden“, erklärt er.
APOTHEKE ADHOC Debatte