BKK-Chef Knieps: „Kleine Inhaber genauso auf Profit aus wie große Ketten“ Tobias Lau, 14.01.2019 16:25 Uhr
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Zahnärzte im Paradies: So zumindest sieht es BKK-Chef Franz Knieps. Er verteidigt die zunehmende Zahl der MVZ gegen die Kritik vonseiten der Ärzte. Foto: BKK
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Damit erwidert er die Kritik von KZBV-Chef Dr. Wolfgang Eßer. Der beklagt Goldgräberstimmung bei Z-MVZ-Investoren. Foto: KZBV
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Hintergrund ist der Kontroverse ist der MVZ-Boom: Immer mehr Zahnärzte arbeiten als Angestellte in Medizinischen Versorgungszentren, die Investoren gehören. Foto: Barmer GEK
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Angesichts der Probleme der medizinischen Versorgung der Bevölkerung gerade auf dem Land und der sinkenden Bereitschaft des medizinischen Nachwuchses zur Praxisgründung halten viele Experten Medizinische Versorgungszentren (MVZ) aber für die Zukunftslösung. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Apotheker gehören nicht zum 2012 eingeschränkten Kreis gründungsberechtigter Gesellschafter. Laut Sozialgesetzbuch (SGB V) können MVZ nur noch von zugelassenen Ärzten, Krankenhäusern, Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen oder von gemeinnützigen Trägern gegründet werden. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Für MVZ, die vor 2012 gegründet wurden, gibt es einen Bestandsschutz. Unklar blieb aber bis jetzt, ob bereits etablierte Einrichtungen, die nach neuen Regeln unzulässig wären, weiter expandieren dürften. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Für den BSG war der Fall klar: „Das Ziel des Gesetzgebers, Neugründungen von MVZ nach dem 1.1.2012 nur noch durch den in der Vorschrift genannten Kreis zuzulassen, würde unterlaufen, wenn MVZ, die von nach neuem Recht nicht gründungsberechtigten Personen gegründet worden sind, ihrerseits neue MVZ gründen könnten.“ Foto: APOTHEKE ADHOC
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Nach Zahlen der KBV gab es zuletzt 2156 MVZ, in denen 1341 Vertragsärzte und 14.317 angestellte Mediziner tätig waren. Grafik: KBV
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An 40 Prozent der Einrichtungen waren Vertragsärzte beteiligt, an weiteren 40 Prozent Krankenhäuser. 20 Prozent hatten andere Träger. Grafik: KBV
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Die meisten MVZ sind in Städten angesiedelt, nur 14 Prozent in ländlichen Gemeinden zu finden. Grafik: KBV
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Die meisten MVZ gibt es in Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg. Grafik: KBV
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Die Zahl der MVZ wächst unaufhörlich. Grafik: KBV
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Die meisten Einrichtungen werden als GmbH betrieben. Grafik: KBV
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Jeder elfte Arzt in der ambulanten Versorgung arbeitet laut KBV in einem MVZ. Hausärzte und Internisten sind naturgemäß am häufigsten in MVZ zu finden. Grafik: KBV
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Die Anzahl der angestellten Ärzte in den MVZ steigt stetig an, die Anzahl der Vertragsärzte ist seit 2014 rückläufig. Grafik: KBV
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In den MVZ, die sich in Trägerschaft eines Krankenhauses befinden, arbeiten Ärzte überwiegend im Anstellungsverhältnis. Grafik: KBV
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MVZ arbeiten überwiegend mit „angestellten Ärzten“ oder aber mit „Vertragsärzten und angestellten Ärzten“. MVZ-Gründer entscheiden sich deutlich seltener dafür, ihr MVZ ausschließlich mit Vertragsärzten zu betreiben. Grafik: KBV
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MVZ, die in Trägerschaft eines Krankenhauses stehen, arbeiten nahezu ausschließlich mit „angestellten Ärzten“. Grafik: KBV
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Die durchschnittliche Arbeitsgröße der MVZ erhöht sich langsam aber stetig. Zum 31.12.2015 arbeiten die MVZ durchschnittlich mit 6,6 Ärzten. Grafik: KBV
Berlin - BKK-Vorstand Franz Knieps hat sich in die Debatte um die zunehmende Präsenz von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) eingemischt. Die Diskussion sei verlogen, kritisiert der Jurist, es gebe keine empirische Evidenz dafür, dass institutionelle Anleger ihrem Versorgungsauftrag schlechter nachkommen würden als selbstständige Heilberufler. Knieps war als Abteilungsleiter unter SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt maßgeblich für der Einführung der MVZ verantwortlich.
MVZ entwickeln sich derzeit zu einem Schreckgespenst für zahlreiche Ärzte und Fachärzte. Die Zentren haben oftmals millionenschwere Investoren im Rücken und machen den Praxen insbesondere in den lukrativen Innenstadtlagen Konkurrenz. Groß- und Finanzinvestoren drängen mit ihren Milliarden in den renditeträchtigen Markt. Zuletzt hatte die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) vor dem „ungehinderten Zustrom versorgungsfremder Investoren“ gewarnt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) solle der „Goldgräberstimmung“ Einhalt gebieten, fordert KZBV-Chef Dr. Wolfgang Eßer.
Dem hält Knieps nun energisch entgegen. „Diese Differenzierung, woher das Geld kommt, ist absurd“, so der Gesundheitsexperte gegenüber dem Verband der Akkreditierten Labore in der Medizin (AKM). Er halte es für „schlichtweg nicht seriös“, dass „derjenige, der das Geld in einer Einzel- oder Gemeinschaftspraxis verdient, damit prahlen darf […], dass aber andere, die das Geld institutionell anlegen und dafür eine Rendite von 5 Prozent haben wollen, Heuschrecken sind“. Dennoch könne er sich vorstellen, dass es „Firewalls“ bedürfe, um die Zahl der MVZ-Betreiber und -Inhaber, die keinen Bezug zu Gesundheitswesen haben, gering zu halten. Gleiches gelte, wenn ein Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung in einem Versorgungsgebiet erlangt. „Denn ich will nicht nur von einer Kette im Land bedient werden.“ Eßer hatte vor Monopolisierung und einer Verschlechterung der Versorgung dadurch gewarnt.
Dabei lag die Betonung offensichtlich eher auf „einer“ als auf „Kette“. Denn den Gegensatz zwischen selbstständigen Praxen und Investoren will Knieps so nicht gelten lassen: So werde Kapitalinvestoren „auch seitens der Politik gerne unterstellt, sie seien nur am schnellen Gewinn interessiert, würden den Markt aussaugen und dann wieder verschwinden und Versorgungsprobleme hinterlassen. Das ist eine sehr steile These. Dazu hätte ich gerne mal die historische Evidenz.“ Die KZBV hatte den Investoren vorgeworfen, ihr Businessplan sei berechnend: Schnelle Marktdurchdringung, Renditeoptimierung der aufgekauften Einheiten, das Investment dann nach einer Haltezeit mit hohem Gewinn veräußern. Bedarfsorientierte Versorgung und Patientenwohl stünden dabei kaum im Fokus. Hier werde nicht langfristig investiert, sondern „kurzfristige Rendite angestrebt“. Z-MVZ in der Hand von Investoren konzentrierten sich statt auf umfassende Betreuung besonders auf renditestarke Bereiche wie Implantologie oder aufwendigen Zahnersatz.
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