AM-VSG

Nutzenbewertung: BPI warnt vor „Guillotine“

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Berlin -

Die Hersteller wollen keine Ampel: Im Rahmen des Unternehmertages des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) warnte dessen stellvertretender Geschäftsführer Dr. Norbert Gerbsch erneut vor Etablierung eines Ampelsystem für Nutzenbewertungen.

Grün gleich wirtschaftlich, rot gleich unwirtschaftlich: Vor einem solchen simplen Ampelsystem, wie es vor allem vom GKV-Spitzenverband favorisiert wird, warnte Gerbsch auf dem Unternehmertag in Berlin. Die Sorge der Pharmaindustrie sei nach wie vor, dass Arzneimittel „ohne Zusatznutzen“ pauschal als unwirtschaftlich deklariert werden.

Der Entwurf des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) sieht nämlich vor, dass Ärzte Informationen zu Beschlüssen aus der frühen Nutzenbewertung über die Praxissoftware „einfacher und schneller“ erhalten. „Die Daten, die bei der Nutzentwertung benutzt werden, bilden nicht den komplexen Lebensalltag von Patienten und Ärzten ab“, warnte Gerbsch. Man müsse deshalb mit den zum Teil „guillotineartigen Schlagworten“ wie „kein Zusatznutzen“ äußerst vorsichtig sein.

Durch die Gefahr falsch negativer Bewertungen – beispielsweise bei Ablehnungen aufgrund von formalen Gründen – könnten so Ärzten und Patienten wertvolle Therapieoptionen vorenthalten werden. „Die komplexen Informationen wird man nicht mit einem simplen Ampelsystem abbilden können“, ist der stellvertretende BPI-Hauptgeschäftsführer überzeugt. Aus der Sicht des BPI sei es entscheidend, dass das Arztinformationssystem im Zuge der neuen Regelungen nicht zu einem System zur Verordnungskontrolle und Kostensteuerung werde.

Gerbsch zeigte sich weitgehend enttäuscht von dem Kabinettsentwurf des Gesetzes. „Es war natürlich von vornherein klar, dass ein Gesetzgebungsverfahren sich nicht eins zu eins aus Dialogprozessen der Beteiligten im Gesundheitswesen ergibt und am Ende eine Weihnachtswunschliste herauskommt“, sagte er. Das Ergebnis sei aber an vielen Stellen deutlich hinter den Hoffnungen der Industrie geblieben. Die Verlängerung des Preismoratoriums bis 2022 ist laut Gerbsch „ein Ärgernis für sich“.

Pünktlich zum BPI-Unternehmertag hat der Verband die „Pharma-Daten“ 2016 vorgelegt. Darin zeigt sich, dass das Niveau der GKV-Ausgaben für Arzneimittel, die gemessen am Bruttoinlandsprodukt seit Jahren bei rund einem Prozent liegen, weitgehend konstant geblieben ist. Der Anteil der Pharmaindustrie an den GKV-Gesamtbelastungen für die ambulante Arzneimittelversorgung liegt dem Bericht zufolge ebenso konstant knapp unter 10 Prozent.

Der BPI verweist in diesem Zusammenhang auf die Herstellerabschläge sowie die Mehrwertsteuer: „Tatsächlich schlugen diese Abschläge im Jahr 2015 mit mehr als 1,6 Milliarden Euro zu Buche. Eine ähnlich hohe Summe wird auch für 2016 prognostiziert“, so der BPI. Seit 2011 würden sich die gesamten abgeführten Zwangsrabatte in allen Marktsegmenten auf mehr als zwölf Milliarden Euro belaufen.

„Insbesondere die standortgebundenen mittelständischen Unternehmen stehen unverändert unter steigendem Druck“, teilte Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des BPI, mit. Neben Rabattverträgen und internationalem Preisdruck werde nicht zuletzt die Verlängerung des Preismoratoriums bis zum Jahr 2022 die Pharma-Industrie in Deutschland hart treffen.

„Denn die Personal- und Rohstoffkosten der Industrie steigen seit Beginn des Preismoratoriums 2010 kontinuierlich an, ohne dass Preisanpassungen möglich wären“, so Fahrenkamp. Die derzeitige kurzsichtige Politik gefährde die Industrie und damit ohne Not die qualitativ hochwertige, innovative und vielfältige Arzneimittelversorgung in Deutschland.

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