Intravenös verabreichtes Aciclovir kann bei adipösen Patienten zu unerwartet hohen Plasmaspiegeln führen. Neue Erkenntnisse aus der Arzneimittelsicherheitsbewertung haben daher eine Anpassung der Dosierungsempfehlung erforderlich gemacht.
Bei intravenöser Anwendung sollen Anwender:innen künftig darauf hingewiesen werden, dass adipöse Patienten bei einer Dosierung nach dem tatsächlichen Körpergewicht erhöhte Plasmakonzentrationen erreichen können. In diesen Fällen – insbesondere bei älteren Patienten oder bei eingeschränkter Nierenfunktion – soll eine Dosisreduktion in Erwägung gezogen werden. Die zuvor enthaltene generelle Empfehlung, die Dosis nach dem Idealgewicht zu berechnen, wurde aus Abschnitt 4.2 Dosierung der Fachinformation entfernt. Die Warnhinweise zur Dosierung bei adipösen Patienten, die bislang in Abschnitt 4.4 „Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“ enthalten waren, werden dementsprechend gestrichen.
Die pharmakokinetischen Grundlagen für diese Bewertung sind in Abschnitt 5.2 der Fachinformation dargelegt. Dort ist dokumentiert, dass adipöse Patienten bei Gabe von Aciclovir entsprechend ihrem aktuellen Körpergewicht höhere Wirkstoffspiegel im Blut erreichen als normalgewichtige Patienten mit gleicher Dosierungsgrundlage. In einer Auswertung mit sieben krankhaft adipösen Patienten, die Aciclovir stattdessen nach ihrem idealen Körpergewicht erhielten, lagen die Spitzenkonzentrationen durchschnittlich um 29,3 Prozent niedriger. Ob dies die Wirksamkeit beeinflusst, ist bislang nicht bekannt. Die Fachinformation verweist auf pharmakokinetische Daten, ohne dass eine kontrollierte klinische Studie angegeben wird.
Im Rahmen der europäischen Pharmakovigilanz bewertete der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz der Europäischen Arzneimittel-Agentur regelmäßig aktualisierte Unbedenklichkeitsberichte. Die daraus abgeleiteten Empfehlungen bezüglich Aciclovir führten zu einem Beschluss der Koordinierungsgruppe für gegenseitige Anerkennung und dezentrale Verfahren vom 30. Januar 2025, der im April 2025 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte umgesetzt wurde.
Aciclovir ist ein antiviraler Wirkstoff zur Behandlung von Infektionen mit Herpes-simplex- und Varizella-Zoster-Viren. Er hemmt die virale DNA-Polymerase und wird in unterschiedlichen Darreichungsformen eingesetzt, darunter Tabletten, Cremes und Lösungen zur intravenösen Anwendung. Die parenterale Gabe ist vor allem bei schweren Verläufen oder immungeschwächten Patienten indiziert.
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