„Arzt war etwa 100 km entfernt“

Ozempic-Rezepte: Apotheker enttarnt mehrere Fälscher

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Berlin -

In den vergangenen Wochen hatte es der Finsterwalder Apotheker Claus Pöhlmann häufiger mit Ozempic-Rezeptfälschungen zu tun. Der Hype um die „Abnehmspritze“ lockt Kriminelle an. Pöhlmann konnte jedoch viele enttarnen: „Wenn der verschreibende Arzt 100 km von der Apotheke entfernt ansässig ist, werden wir grundsätzlich schon mal skeptisch.“

In den vergangenen Wochen sind in der Adler-Apotheke in brandenburgischen Finsterwalde vermehrt Rezeptfälschungen über Ozempic aufgetaucht. Im Moment dominieren die Lieferengpässe derart, dass viele Patient:innen nur schwer versorgt werden können: „Zum Glück habe ich in meiner Apotheke noch keinen Totalausfall gehabt. Aber Ware, die kommt, geben wir meist auch sofort ab. Dabei wird vorrangig die Stammkundschaft aus der Umgebung versorgt“, so Pöhlmann.

Ist der verschreibende Arzt oder die Ärztin nicht aus der Nähe, wird der Apotheker schon skeptisch: „Sicherlich sind die Menschen zurzeit so verzweifelt, dass sie weitere Wege in Kauf nehmen, um an wichtige Medikamente zu kommen. Aber wenn die Praxis 100 km weit weg ist, dann rufen wir dort an, weil wir skeptisch sind“, so der Inhaber. Dass er richtig lag, wurde ihm schon häufiger bestätigt: „Wir haben jetzt mehrfach gehört, dass der Patient in der Praxis gar nicht bekannt ist und es sich demnach um eine Rezeptfälschung handeln muss“, so Pöhlmann. Dabei würden vorrangig Privatrezepte vorgelegt.

„Die Fälscher gehen von selbst“

Tritt der Apotheker nach erfolgtem Anruf wieder vor den Patienten oder die Patientin, dann reiche es meist aus, wenn er sagt: „Sie sind in der Praxis gar nicht als Patient gemeldet.“ Die Fälscher würden dann von selbst das Weite suchen: „Ich könnte natürlich auch die Polizei rufen, aber es ist außerhalb meiner Befugnis, die Leute irgendwie festzuhalten oder ähnliches. Zudem weiß ich auch gar nicht, ob die Person auf dem Rezept mit der vor mir stehenden Person übereinstimmt“, so der Apotheker. Außerdem wolle er weiteren Ärger vermeiden.

Teilweise erhält Pöhlmann sogar Anrufe aus Dresden oder anderen weiter entfernten Großstädten mit Nachfragen zu Ozempic: „Das sagen wir grundsätzlich ab. Ich möchte meine Patienten oder Patientinnen hier vor Ort versorgen. Ich verkaufe das Zeug ja nicht, um Kohle zu machen.“ Eine Warteliste habe er nicht: „Ich habe mir einen zweiten Kühlschrank angeschafft und versuche, durch Fleißarbeit lieferfähig zu bleiben. Bis jetzt hat es gut funktioniert“, so der Inhaber.

Dabei sei ihm ein gewisses Restrisiko durchaus bewusst: „Ich habe mein Warenlager um etwa 50 Prozent aufstocken können. Dazu muss man natürlich auch liquide sein und mit Risiko kalkulieren. Aber nur so kann ich gewährleisten, dass ich meine Kundschaft gut versorgen kann.“

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