Sechs Fälle

Erstmals Kind in Bayern mit Coronavirus infiziert

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München/Traunstein -

In Deutschland hat sich erstmals ein Kind nachweislich mit dem neuartigen Coronavirus angesteckt. Vater ist ein infizierter Mann aus dem Landkreis Traunstein, wie das bayerische Gesundheitsministerium in München mitteilte. Somit ist zum ersten Mal in Deutschland ein Familienmitglied eines Infizierten erkrankt. Die beiden sind nach Angaben der Behörden vor Ort in einem Krankenhaus in Trostberg isoliert worden. Die Zahl der Coronavirus-Patienten im Freistaat stieg damit auf sechs.

 

Seit Wochen breitet sich das Virus 2019-nCoV von der chinesischen Millionenmetropole Wuhan aus. In den meisten Fällen verläuft die neue Lungenkrankheit sehr mild. Inzwischen sind mehr als 9800 Menschen infiziert. Die Zahl der Toten in China stieg auf über 200.

Die fünf schon bekannten Coronavirus-Patienten in Bayern sind Mitarbeiter des oberbayerischen Autozulieferers Webasto. Dort war vergangene Woche eine infizierte Kollegin aus China zu Gast, die ihre Erkrankung erst auf dem Rückflug bemerkt hatte.

Alle Betroffenen befinden sich nach Angaben von Ärzten in einem stabilen gesundheitlichen Zustand, wie das Ministerium mitteilte. Im Traunsteiner Fall gehen die Behörden davon aus, dass die ganze Familie des Mannes infiziert sind. Die anderen Mitglieder müssten aber noch nachgetestet werden. Der Mann habe drei Kinder im Alter zwischen einem halben Jahr und fünf Jahren. Details wurden mit Verweis auf den Schutz der Familie nicht bekanntgegeben. Chefarzt Prof. Thomas Glück sagte: „Wir haben die Familie in einem Zimmer untergebracht – das hat sich die Familie so gewünscht.”

Mögliche Personen, die länger Kontakt mit den Familienmitgliedern hatten, würden derzeit ermittelt. Der Kindergarten, in dem das infizierte Kind war, bleibt den Angaben zufolge bis auf weiteres geöffnet. Zunächst werde ermittelt, ab wann das Kind infektiös war. Man wisse, wann es das letzte Mal im Kindergarten war, hieß es. Und wenn sich das zeitlich überschneidet, wolle man mit der Einrichtung und den Eltern anderer Kinder reden, wie weiter vorgegangen wird.

Die Tests von anderen Personen, die ebenfalls bei Webasto in Gauting-Stockdorf (Landkreis Starnberg) arbeiten, brachten bis zum Freitag nach Ministeriumsangaben keinen weiteren positiven Befund. Weitere Einzelheiten wolle die Behörde im Laufe des Freitagabends mitteilen, kündigte ein Sprecher an.

„Die bisher ermittelten Kontaktpersonen sollen sich häuslich isolieren und sich mit Angaben zu ihrem Gesundheitsstatus fortlaufend beim Gesundheitsamt melden”, erklärte der Sprecher. Bislang hatte das Ministerium von 110 Kontaktpersonen gesprochen.

Die Angst vor dem Virus führt offenbar zur Ausgrenzung von Webasto-Mitarbeitern und deren Angehörigen. „Uns erreichen vermehrt Meldungen von Mitarbeitern, die nicht zur Risikogruppe gehören, dass sie und ihre Familien von Institutionen, Firmen oder Geschäften abgewiesen werden, wenn bekannt wird, dass sie bei Webasto arbeiten”, sagte Vorstandschef Holger Engelmann am Freitag. „Wir verstehen, dass die aktuelle Situation Menschen verunsichert und auch ängstigt, aber das ist eine enorme Belastung für die Familien unserer Mitarbeiter.”

Einer Sprecherin zufolge haben Mitarbeiter unter anderem berichtet, dass Arbeitgeber Eltern oder Ehepartner nach Hause geschickt hätten. Kinder seien von Kindergärten nicht mehr angenommen worden. In einem Fall habe es zudem eine Autowerkstatt mit Verweis auf das Virus abgelehnt, das Auto eines Mitarbeiters zu reparieren.

Folgen hat der Coronavirus-Ausbruch auch für den bayerischen Tourismus; diese sind bislang aber sehr gering. Mit Mundschutz wappnen sich etwa Touristen rund um die Königsschlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau – Stornierungen für Führungen gibt es bisher laut Schlösserverwaltung wenig. „Auf Grund des starken Tagestourismus sind die Führungen in Schloss Neuschwanstein nach wie vor gut ausgelastet, auch durch asiatische Gäste”, sagte Pressesprecherin Franziska Wimberger. Auch bei anderen Schlössern in Bayern gebe es keinen Rückgang der Besucherzahlen.

Bemerkbar macht sich der Reisestopp der chinesischen Regierung hingegen in der Nachbarstadt Füssen (Landkreis Ostallgäu). Dort machen Chinesen zwar nur fünf Prozent aller Übernachtungsgäste im Jahr aus, aber diese sind auf wenige Hotels verteilt. „Vornehmlich sind drei große Häuser betroffen, die sich auf Gruppenreisen aus dem asiatischen Raum spezialisiert haben. Bei diesen Häusern scheppert es richtig stark – mit Stornierungen in einem Umfang von 70 bis 80 Prozent”, sagte Tourismusdirektor Stefan Fredlmeier von der Stadt Füssen. „Das sind Ausfälle, die sich nicht einfach kompensieren lassen, sondern dies wird wirtschaftlich massiv spürbar bleiben.”

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