Beihilfe soll NEM bezahlen

Beamten-Wahnsinn: Vitamine als Einzelimport

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Berlin -

Beamte genießen eine Reihe an Privilegien, die Beihilfe gehört dazu. Welche Kosten übernommen werden, regelt die jeweilige Beihilfeverordnung. In Bayern geht es den Staatsdienern eigentlich besonders gut, doch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) musste jetzt einen Fall prüfen, in dem importierte Vitaminpräparate bezahlt werden sollten. Und die Richter haben ihren Kollegen im Freistaat jetzt aufgegeben, sich noch einmal intensiv mit der Frage zu beschäftigen, ob man bei Vitamintabletten aus den USA irgendwie eine Apothekenpflicht und damit Erstattungsfähigkeit konstruieren könnte.

Wegen einer genetisch bedingten chronischen und schweren Multisystemerkrankung mit einer hochgradigen multiplen Chemikaliensensibilität sowie stark ausgeprägten Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien wurden der Frau eines Ruhestandsbeamten diverse Vitaminpräparate verordnet:

  • SAMe Cellfood-Tropfen, Tribulus Terrestris Extrakt (beides aus Deutschland)
  • „Omega-life classic balance 500“ (aus der Schweiz)
  • „Iron Bisglycinate/​Thorne“ sowie „Vitamin D3 1000 IU 180 Softgels Nature's Plus Nr. 1042“ und „Vitamin B2 100 mg 90 Tabl. Nature's Plus Nr. 1630“ (aus den USA)

Keines der Präparate ist in Deutschland als Arzneimittel zugelassen, die ausländischen Mittel sind auch in ihrem Herkunftsland nicht als Arzneimittel in Verkehr. Die Beihilfestelle lehnte daher die Kostenübernahme ab.

Apotheke = Apothekenpflicht

Der Ruhestandsbeamte argumentierte, die Apothekenpflichtigkeit ergebe sich daraus, dass die Präparate einzeln über eine Apotheke in Deutschland importiert werden mussten. Die Arzneimitteleigenschaft hänge nicht vom Vertriebsstatus, sondern von der pharmakologischen Wirkung ab.

Seine Klage wiesen beide Vorinstanzen ab, unter anderem mit dem Hinweis, dass die monatlichen Aufwendungen für die Präparate angesichts seiner Versorgungsbezüge aus der Besoldungsgruppe A15 keine Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts darstellten. Das wiederum brachte den Pensionär dazu, seinen Fall als Härtefall und die Ablehnung der Kostenübernahme als Benachteiligung Behinderter zu deklarieren.

Überraschend verwies das BVerwG den Fall jetzt doch noch einmal zurück an die Vorinstanz. Denn der Verwaltungsgerichtshof habe zwar korrekt festgestellt, dass es sich bei den Präparaten nicht um Präsentationsarzneimittel handele, aber zu unrecht offen gelassen, ob nicht doch eine Einstufung als Funktionsarzneimittel in Frage komme. „Dies kann auch der Senat auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz nicht abschließend beurteilen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat die für eine pharmakologische oder metabolische Wirkung relevanten Tatsachen noch nicht in dem erforderlichen Umfang festgestellt. Dem angefochtenen Urteil sind insbesondere keine Tatsachenfeststellungen zu der auf belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse gestützten Wirkungsweise und zum Wirkungsgrad der streitigen Präparate zu entnehmen.“

NEM als Einzelimport?

Laut BVerwG verlangen die Vorschriften für einen Einzelimport nach § 73 Arzneimittelgesetz (AMG) nicht ausdrücklich, dass Fertigarzneimittel im Ausfuhrstaat als Arzneimittel rechtmäßig in den Verkehr gebracht werden dürfen. „Vielmehr ist es für die Erfüllung dieses Merkmals erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Fertigarzneimittel im Ausfuhrstaat überhaupt, beispielsweise auch als Nahrungsergänzungsmittel, rechtmäßig in den Verkehr gebracht werden darf.“

Daher muss der Verwaltungsgerichtshof nun prüfen, ob die Präparate angesichts ihrer Wirkung als Funktionsarzneimittel einzustufen sind. Dann wären sie auch zu erstatten, da sie angesichts der Verordnung durch einen Arzt „dem Grunde nach medizinisch notwendig“ seien.

Dass das Bundessozialgericht (BSG) eine Kostenübernahme solcher Präparate regelmäßig abgewiesen habe, hänge alleine mit dem Zweckmäßigkeits- und Wirtschaftlichkeitsgebot zusammen und sei deshalb nur für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung von Bedeutung.

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