Abhängig von den Umständen des Einzelfalls können Patienten mit einer seelischen Behinderung einen Anspruch auf Versorgung mit einem PTBS-Assistenzhund haben. Ist dies der Fall, umfasst der Anspruch laut Sozialgericht Karlsruhe (SG) auch die Kosten für den laufenden Unterhalt des Tieres – sprich: das Hundefutter.
Wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung sowie einer rezidivierenden depressiven Störung hatte eine Patientin bei ihrer Kasse die Übernahme der Kosten für die Anschaffung, Ausbildung und laufende Versorgung eines PTBS-Assistenzhundes beantragt. Vor allem die starke Angst davor, angegriffen oder belästigt zu werden, schränke sie in ihrer sozialen Teilhabe deutlich ein.
Ein Assistenzhund könne ihr Sicherheit geben, sie beruhigen und ihr helfen, den Tag zu strukturieren. Dadurch würde auch depressiven Episoden entgegengewirkt, die durch Rückzug und Vermeidungsverhalten geprägt seien. Ihrem Antrag fügte sie Atteste einer Oberärztin und einer Psychotherapeutin sowie einen Kostenvoranschlag bei.
Die Kasse lehnte ab: Als Begleitung genüge auch ein Hund ohne spezielle Ausbildung. Ein ausgebildeter PTBS-Assistenzhund als Hilfsmittel nach § 33 Sozialgesetzbuch (SGB V) sei nicht notwendig, denn hier gehe es weder um den Ausgleich einer Behinderung noch darum, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Die Krankenkasse sei nicht dafür zuständig, jegliche Folgen einer Behinderung in sämtlichen Lebensbereichen auszugleichen.
Laut SG besteht zwar kein vorrangiger Anspruch im Sinne einer Krankenbehandlung oder dem Ausgleich einer Behinderung. So sei der Hund in keinem Therapieplan vorgesehen und auch von keinem Arzt verordnet worden. Auch sei sie trotz ihrer Ängste nicht gänzlich außerstande, sich im Nahbereich rund um ihre Wohnung zu bewegen; immerhin versorge sie sich offenbar selbst.
Als Leistung zur sozialen Teilhabe könne die Patientin den Hund aber beanspruchen. Denn der Hund sei auch geeignet, ihr eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern. Auch wenn er die Erkrankungen nicht heilen könne, so könne er dazu beitragen, die sozialen Folgen der Behinderung zu reduzieren.
Ein Hund ohne spezielle Ausbildung reiche dafür nicht aus: „Je nach Körpergröße und Wesensart würde vielleicht auch ein Hund ohne Ausbildung die Klägerin gegen Fremde verteidigen und ihr so in manchen Situationen ein höheres Gefühl der Sicherheit vermitteln. Allerdings soll ein Assistenzhund Sicherheit durch das Herstellen von Distanz geben, nicht durch aggressives Verhalten gegenüber Dritten – wie es wohl seinem natürlichen Instinkt entspräche. Denn würde der Hund fremde Menschen grundsätzlich anknurren oder wegbellen, erschwerte dies eher die Interaktion der Klägerin mit Anderen.“
Zu berücksichtigen sei auch, dass Menschen mit Behinderung nur Anspruch auf Mitnahme eines ausgebildeten Assistenzhunds in öffentliche oder private Einrichtungen hätten. „Mit einem Hund ohne Ausbildung blieben der Klägerin daher viele Veranstaltungen weiterhin verschlossen.“
Der Anspruch auf ein Hilfsmittel umfasse laut § 84 Abs. 2 SGB IX auch dessen notwendige Instandhaltung. „Diese Grundsätze gelten nicht nur für technische Geräte, sondern auch für Hunde als Hilfsmittel.“ Daher müsse die Kasse auch die erforderlichen Kosten für Hundefutter und Tierarzt übernehmen. Dasselbe gelte für die Versicherung: „Denn für einen Assistenzhund ist zwingend eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch ihn verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten.“
Zwar sei keine pauschale Abgeltung vorgesehen, darauf könne man sich aber verständigen. Im Versorgungsrecht, das hier allerdings nicht unmittelbar gelte, sei für Blindenhunde eine derartige Pauschale sogar normiert. Und als Bürgergeldempfängerin müsse die Patientin auch keinen Kostenbeitrag leisten.
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