Sonntagsärger in Kassel

79-Jähriger auf Notdienst-Suche

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Berlin -

Auf der Suche nach einer geöffneten Notdienst-Apotheke fuhr ein 79-jähriger Mann aus Kassel stundenlang durch die Stadt. Bei der ersten Apotheke hatten sich die Informationen überschnitten, sie hatte bereits den Nachtdienst beendet. Die zweite hatte schon seit Wochen geschlossen – für immer.

Die HNA (Hessische Niedersächsische Allgemeine) berichtet unter dem Titel „Immer weniger Apotheken: So schwer kommen Patienten sonntags an Medikamente“ von seiner Odyssee durch die Stadt: Herr Engels ließ sich am vergangenen Sonntag beim Ärztlichen Bereitschaftsdienst an der Wilhelmshöher Allee behandeln. Dort wurde er informiert, welche zwei Apotheken dienstbereit seien. Als der 79-Jährige bei der Apotheke in der Friedrich-Ebert-Straße ankam, war sie jedoch geschlossen. Der Patient hatte den Apotheker wohl knapp verpasst, die diensthabenden Apotheken wechseln um 8.30 Uhr. Ärgerlich, denn eine kompetente Information des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes hätte dem kranken Mann weitere Wege erspart.

Er informierte sich daheim online und rief überdies bei der Notfallnummer 116 117 an. Die Auskunft dort lautete, dass zwei Apotheken Dienst hätten: Eine am Stadtrand und eine in der Görlitzer Straße. Auf dem Weg dorthin passierte er eine nicht diensthabende Apotheke, checkte deren Angaben und las dort, dass die Adler-Apotheke in der Wilhelmsstraße ebenfalls Dienst hätte. „Ich war erleichtert, weil die Innenstadt mit der Tram einfacher zu erreichen ist als Waldau“, sagt Engels gegenüber der HNA.

Als er ankam, stand er vor wiederum verschlossenen Türen: Die Adler-Apotheke musste im vergangenen August nach 242 Jahren schließen. Der Senior stand vor abgeklebten Schaufenstern. Also zurück in die öffentlichen Verkehrsmittel und zur tatsächlich diensthabenden Apotheke. Insgesamt war er zwei Stunden unterwegs, um sein Medikament kaufen zu können.

Dass Apotheken die Dienste ihrer Kollegen falsch auflisten, kommt gelegentlich vor. Umso ärgerlicher, wenn man als Patient krank ist und vor verschlossenen Türen steht. Dabei sind Apotheker laut Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) verpflichtet, ihre Kunden über die Notdienste ihrer Kollegen zu informieren.

Daniela Pach, Geschäftsführerin der Landesapothekerkammer Hessen, sagt: „Die nächsten dienstbereiten Apotheken müssen ausgeschildert werden. Wer es nicht tut, begeht einen Verstoß gegen die Berufsordnung.“ Dass eine bereits seit Monaten geschlossene Apotheke in Kassel noch aufgeführt wurde, bedauert sie. „Manchmal kommt es vor, dass die anderen Apotheken von der Schließung noch nichts wissen.“ Kassel habe am Wochenende immer zwei bis drei dienstbereite Apotheken, die Notdienst versehen. „Bisher hatten wir keine Beschwerden darüber, dass Kunden vor geschlossenen Türen standen“, sagt sie.

Die HNA beklagt in ihrem Artikel: „Allein dieses Jahr haben zwei Apotheken geschlossen“. Sie listet auf: „2018 haben die Adler-Apotheke an der Wilhelmsstraße und die DocMorris-Apotheke an der Ludwig-Mond-Straße geschlossen. 2017 wurden die Fasanenhof- und die Philippinenhof-Apotheke geschlossen, 2016 die Paracelsus-Apotheke an der Wilhelmshöher Allee und die Apotheke am Königsplatz, 2015 stellten die Rosenapotheke in Vellmar und die Erika-Apotheke an der Holländischen Straße ihren Betrieb ein. Neu eröffnet hat in dieser Zeit nur die Regenbogen-Apotheke in Vellmar.“ Pach setzt dem entgegen: „Das ist im Rahmen des Normalen, aus Kassel sind uns keine besonders auffälligen Schließungen bekannt.“

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