Fast hätte die Videoapotheke „CoBox“ den deutschen Innovationspreis 2011 gewonnen. Der Finaleinzug in der Kategorie „Startup-Unternehmen“ wurde von den Machern gefeiert. Doch ist die CoBox wirklich eine Innovation? Das Europäische Patentamt mit Sitz in München ist da anderer Auffassung: Die Videokabine sei keine erfinderische Leistung, so die vorläufige Meinung der Prüfungsabteilung. APOTHEKE ADHOC liegt ein Schriftwechsel vor, in dem die Zweifel der Behörde an einem Patentschutz für die CoBox deutlich werden.
Die einzelnen Komponenten seien „hinlänglich bekannt“, heißt es in der Stellungnahme. So würden Videokonferenz, Scanner, Drucker und Kartenlesegerät ausschließlich für den jeweils vorbestimmten Zweck eingesetzt. Das „Sammelsurium von Merkmalen“ könne zu keinem „kombinatorischen Effekt führen, mit welchem eine erfinderische Tätigkeit begründbar wäre“, so die Prüfstelle. Schon die „magere Offenbarung“ der technischen Merkmale im Antrag lasse den Schluss zu, dass diese allesamt vorbekannt seien.
Dass alle Geräte nur von der Gegenstelle aus bedient werden können, ließ das Patentamt ebenfalls nicht als Argument gelten. Die räumliche Entfernung zwischen EC-Lesegerät und Kassierer spiele keine Rolle. Auch seien alle Merkmale einer Videokonferenz bekannt, „und zwar genau für eben diesen Zweck“. Von einem überraschenden technischen Effekt der Videokabine - von den Prüfern mit einer Telefonzelle verglichen - dürfe daher nicht ausgegangen werden.
Im Frühjahr 2010 hatte Unternehmer Ulrich Baudisch ein europäisches Patent für eine „Vorrichtung zur Bestellung und/oder Buchung und/oder Kauf von Waren“ angemeldet. Nach der ersten Absage im August hatte das Unternehmen neue Anträge gestellt. Mit der CoBox könnten die Kunden auch ohne Internetkenntnisse ortsnah Waren kaufen oder bestellen, so der Kern der Patentbegründung.
Die Videokabine ließe sich beim Verkauf von Tickets, Fahrkarten, als Dienstleistung für Banken oder Reisebüros nutzen, so Baudisch. Besonders vorteilhaft sei die CoBox jedoch bei der Bestellung von Medikamenten. Durch das große Videodisplay erhalte der Kunde den Eindruck „dass eine persönliche Beratung mit physischer Verkäufer-/ Beraterpräsenz stattfindet“, schreibt die Firma.
Sie beruft sich zudem auf den wirtschaftlichen Erfolg, mit dem eine erfinderische Tätigkeit bei Patentanträgen begründet werden kann, und verweist auf die große Resonanz am Markt und in den Medien. Aus Sicht der Prüfer geht es in den zitierten Artikeln aber allenfalls um einen zukünftigen, also vermeintlichen Erfolg, nicht um einen bisher erreichten.
Mit einem anderen vermeintlichen Erfolg war man bei der CoBox noch forscher: „Mittlerweile ist die erfindungsgemäße Vorrichtung durch die Apothekenbetriebsordnung genehmigt beziehungsweise dort festgeschrieben mit der Erlaubnis, dass diese Vorrichtung von Apotheken betrieben werden darf“, schrieb Baudisch im Juni 2010. Ob der Bluff aufgeht, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.
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