Interview Sanicare

„Versandapotheken können sich rechnen“

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Berlin -

Sanicare ist verkauft, am vergangenen Dienstag wurden die Verträge unterschrieben. Der neue Inhaber Dr. Volkmar Schein will sich mit mehr Qualität gegen Mitbewerber durchsetzen. Rx-Boni soll es mit ihm nicht geben. Auch seinen Mitbewerbern will er bei den Rabatten künftig auf die Finger schauen. APOTHEKE ADHOC sprach mit dem neuen Chef der Versandapotheke aus Bad Laer über seine Zukunftspläne, die Vorteile des Versandhandels und Gerüchte um Investoren im Hintergrund.

ADHOC: Warum haben Sie Sanicare gekauft?
SCHEIN: Ich bin seit 30 Jahren im Apothekengeschäft tätig und habe die Entwicklung des Versandhandels von Anfang an verfolgt. Auch wenn einen als Präsenzapotheker das dynamische Wachstum des Arzneimittelversands nicht gerade freut, muss man doch konstatieren, dass sich der Versand von Waren, nicht nur von Arzneimitteln, fest in der Gesellschaft etabliert hat. Ich gehe davon aus, dass der Marktanteil des Arzneimittelversands in den nächsten Jahren deutlich wachsen wird.
Die positiven Geschäftsaussichten und die Ausstattung des Unternehmens mit hervorragenden Mitarbeitern haben mich bewogen bei Sanicare einzusteigen.

ADHOC: Wie groß ist der Umsatz von Sanicare noch?
SCHEIN: Da das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen ist, bitte ich um Verständnis, dass ich mich hierzu nicht äußern kann.

ADHOC: Ein großer Teil des Umsatzes wurde offenbar mit Warengeschäften im Großhandel erwirtschaftet. Werden Sie das weiterführen?
SCHEIN: Ich nehme an, sie meinen die Geschäfte der Furopharm GmbH. Erworben wurden von mir nur die Sonnenapotheke Versmold und die Sanicare-Apotheke Bad Laer mit angeschlossener Versandapotheke. Eine Übernahme des Großhandels, der über die Furopharm abgewickelt wurde, stand für mich nicht zur Diskussion.

ADHOC: Erst Zuzahlungserlass, dann -stundung und schließlich -studie: Rx-Boni haben Sanicare groß gemacht. Wird es auch mit Ihnen Rabatte geben?
SCHEIN: Die gesetzlichen Rahmenbedingungen im deutschen Apothekenmarkt lassen genug Spielraum für kaufmännisches und unternehmerisches Handeln. Mein Selbstverständnis hierzu ist, die geltenden Gesetze zu respektieren und sich durch Qualität im Markt zu positionieren. Natürlich werde ich die Aktivitäten der Mitbewerber hinsichtlich Rx-Boni und Zuzahlungsstudien genau beobachten und die Einhaltung der geltenden Gesetze einfordern.

ADHOC: Welche Pläne haben Sie dann?
SCHEIN: Da der Versandhandel die größte Umsatzbedeutung hat, werde ich mich zunächst auf die Weiterentwicklung dieses Bereichs konzentrieren. Sanicare wird sich ganz klar als Qualitätsanbieter im Markt positionieren. Schwerpunkte dabei werden die Verbesserung der pharmazeutischen Beratung, Sortimentsoptimierungen und eine noch schnellere Auslieferung sein.

ADHOC: Sie waren lange Inhaber einer Apotheke ohne angeschlossenen Versandhandel. Erfahrungen haben Sie demnach keine.
SCHEIN: Das stimmt. Erfahrungen hatte ich bis dato noch nicht, aber ich bin lange genug im Apothekengeschäft tätig und kenne die Besonderheiten des Marktes und die Margensituation sehr genau. Ich bin davon überzeugt, dass der Versand von Arzneimitteln wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden kann. Dazu müssen Qualität, Preis und die Unternehmensstrukturen stimmen.

ADHOC: Haben Sie bei Sanicare geordnete Verhältnisse vorgefunden?
SCHEIN: Ich war sehr überrascht von der Leistungsfähigkeit und Motivation der Mitarbeiter. Nur ihnen ist es zu verdanken, dass Sanicare trotz der schwierigen Rahmenbedingungen während der Insolvenz noch so gut da steht.

ADHOC: Haben Sie auch schon die Lieferanten von sich überzeugt?
SCHEIN: Erfreulicherweise haben viele Lieferanten Sanicare auch während der Insolvenz unterstützt. Die ersten Gespräche waren sehr positiv. Da die meisten mich als soliden, langjährigen Geschäftspartner kennen, gehe ich davon aus, dass die Belieferung sich in kürzester Zeit normalisieren wird.

ADHOC: Sind Sie gleich nach Bekanntwerden der Pleite aktiv geworden?
SCHEIN: Mitte Dezember habe ich Kontakt mit der Insolvenzverwaltung aufgenommen und begonnen die vorliegenden Unternehmens- und Marktdaten zu analysieren. Berater aus meinem Apothekenumfeld haben mich dabei unterstützt. Mein Kaufangebot habe ich Ende Januar abgegeben.

ADHOC: Wie haben Sie sich durchgesetzt?
SCHEIN: Natürlich gab es viele Mitbewerber. Nach meinen Informationen wollten die meisten aber nicht den Standort mit den 400 Mitarbeitern erhalten, sondern das Unternehmen zerschlagen und ausschließlich die Markenrechte und Internetdomains nutzen. Für den Standort, die Mitarbeiter und die ganze Region hätte dieses Vorgehen katastrophale Auswirkungen gehabt.

ADHOC: Gibt es einen Investor im Hintergrund?
SCHEIN: Das sind Gerüchte, die jeder Grundlage entbehren. Sanicare wurde von mir gekauft und finanziert. Ich werde das Unternehmen alleinverantwortlich leiten.

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