Kommentar

Apotheker in der Gebührenfalle

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Berlin -

Wer den ganzen Tag arbeitet, soll davon auch leben können. Mit diesem einfachen Argument hat die SPD in der Großen Koalition eines ihrer Kernanliegen durchgesetzt: den gesetzlichen Mindestlohn. Die Folgen waren gleichfalls absehbar: Die Kosten in vielen Bereichen würden steigen. Die Apotheken haben wieder einmal das Pech, am Ende der „Nahrungskette“ zu stehen und die Kosten der anderen Handelsstufen auffangen zu müssen. Ein Kommentar von Alexander Müller.

Der Großhändler Phoenix macht diesmal den Anfang und kassiert ab Juli eine zusätzliche Gebühr von 1,38 Euro pro Tour als „Mindestlohnbeteiligung“. Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis Mitbewerber nachziehen und eigene „MiLo-Gebühren“ oder einen „Lieferantenzuschüsse“ ankündigen – in entsprechender Höhe versteht sich.

Es ist für einen Großhändler schon recht mutig, die eigene Belieferungslogistik als „wichtigen Teil unserer Kernleistung“ zu bezeichnen, wegen deren Nutzung die Apotheken auch die Mehrkosten aus dem Mindestlohngesetz mittragen müssten. Denn die Belieferung von Apotheken ist die originäre Aufgabe der Großhändler. Dafür erhalten sie pro Packung ein gesetzlich festgeschriebenes Honorar.

Wenn die Grossisten freihändig Zusatzgebühren für Spritkosten, Löhne oder die eigene Zielmarge verhängen, führt das die Preisbindung allmählich ad absurdum. Die Apotheken werden gezwungen, alle neu anfallenden Kosten, seien sie gesamtwirtschaftlicher Natur oder die Folge gesetzgeberischen Handels, für ihre Lieferanten zu übernehmen. Sie sitzen in der Gebührenfalle.

Für den Großhandel ist das sehr bequem, solange der verteilte Markt weiterhin so synchron tickt wie heute. Aus Sicht der Apotheken ist dieses Ausputzerdasein mehr als unbefriedigend, es ist unzumutbar. Das gilt umso mehr in Zeiten, in denen den Apothekern mit Verweis auf eben jene gesetzlichen Handeslmargen ihr handelsübliches Skonto weggenommen werden soll.

Die Apotheken können ihrerseits an den Festpreisen nicht drehen und so dem Endverbraucher eine „Mindestlohnbeteiligung“ abverlangen. Und die Ertragsverluste auf Einkaufseite allein durch höhere OTC-Preise zu kompensieren, ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Schon jetzt greift sich der Versandhandel immer größere Umsatzanteile, der Preisdruck in diesem Markt wird also ebenfalls er größer als kleiner.

Aber welche Wahl haben andererseits die Großhändler? Der Gesetzgeber verordnet ihnen eine feste Marge und beschließt dann ein Mindestlohngesetz, das auf der Kostenseite durchschlägt. Man muss Phoenix zumindest zugute halten, dieses Problem transparent zu kommunizieren.

Die einzige gerechte Lösung wäre eine Erhöhung der Großhandelsmarge gewesen. Wie schlecht die Aussichten einer solchen Forderung in diesem Zusammenhang gewesen wären, steckt jedoch schon in dem Begriff „allgemeiner Mindestlohn“ – die Großhändler und ihre Kunden sind schließlich nicht die einzige betroffene Branche.

Bliebe als Alternative für die Großhändler, die eigenen Kosten zu senken. Aber weniger Touren sind mit Blick auf eine gleichmäßige Auslastung der Lager und die Routenplanung nur ein begrenzt taugliches Mittel.

Dennoch: Bei einer Tourgebühr von 1,38 Euro und durchschnittlich vier Belieferungen an Werktagen müssen Phoenix-Kunden Zusatzkosten von rund 1500 Euro pro Jahr schultern. Wer den ganzen Tag arbeitet, soll davon auch leben können.

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