Versandapotheken

EU-Schützenhilfe für DocMorris & Co

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Ausländische Versandapotheken, die dem Rahmenvertrag zur Arzneimittelversorgung beitreten und Herstellerrabatte kassieren wollen, erhalten jetzt Schützenhilfe von der EU-Kommission: Ende Juli eröffnete die Generaldirektion Unternehmen und Industrie ein Pilotverfahren, das - je nach Stellungnahme der Bundesregierung - in ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland münden könnte. Die Kommission wurde im Juni durch eine Beschwerde auf die deutschen Regelungen aufmerksam gemacht.

Laut Kommission machten ausländische Apotheken geltend, „dass ihnen die Arzneimittelhersteller vielfach eine Rückerstattung des Herstellerrabatts verweigern [...] , so dass am Ende nicht der Hersteller, sondern die Apotheke selbst den Rabatt [...] trage“. Dies führe zu einer Benachteiligung ausländischer Apotheken und verletze daher nach Ansicht des - namentlich nicht genannten - Beschwerdeführers Gemeinschaftsrecht.

Seit Jahren ringen ausländische Versandapotheken, allen voran DocMorris, mit Pharmafirmen um den Herstellerrabatt. Dieser wird den Apotheken direkt bei der Abrechnung mit den Krankenkassen abgezogen und dann von den Unternehmen rückerstattet. Es geht um Beträge in Millionenhöhe: 6 Prozent des Herstellerabgabepreises bei allen zu Lasten deutscher Krankenkassen abgegebenen Originalpräparaten und 10 Prozent bei Generika.

Im Juli 2008 hatte das Bundessozialgericht (BSG) in einem von DocMorris angestrengten Verfahren entschieden, dass ausländische Versandapotheken keinen Anspruch auf Erstattung haben, solange sie nicht dem Rahmenvertrag beitreten. Alles andere sei „Rosinenpickerei“.

DocMorris wollte den eigenen Anspruch sogar vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) klären lassen. Doch das BSG sah keinen Verstoß gegen Verfassungs- oder Europarecht und lehnte ein Vorabentscheidungsersuchen wegen „der klaren Rechtslage und der Unerheblichkeit der von der Klägerin angeregten Vorlagefragen“ ab.

Seitdem bemüht sich der Mutterkonzern Celesio um den Beitritt von DocMorris zum Rahmenvertrag. Während das Bundesgesundheitsministerium (BMG) den Weg frei geben will, verhandeln die Vertragsparteien - GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) - über die Auslegung des Urteils. Über allem steht die Frage, ob sich ausländische Anbieter an die Arzneimittelpreisverordnung halten müssen, um den Herstellerrabatt einfordern zu dürfen.

Das Berliner Büro von Celesio hatte bereits im Januar bezüglich des Beitritts Kontakt mit Gesundheitsstaatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder aufgenommen. Ende Juni machte der Konzern seinem Ärger über die schleppende Umsetzung und vermeintliche Diskriminierung von DocMorris Luft. Schriftlich forderte Celesio das BMG auf, die Angelegenheit als Aufsichtsbehörde des GKV-Spitzenverbandes zu klären.

Mit der Beschwerde bei der EU-Kommission will Celesio allerdings nichts zu tun haben; auf Anfrage ließ der Vorstand über eine Kölner Kanzlei empfehlen, „von etwaigen 'Falschmeldungen' Abstand zu nehmen“. Anderenfalls sei man beauftragt, „ohne weitere Aufforderung die hier gebotenen gerichtlichen Schritte“ einzuleiten.

Auch beim EU-Versandapothekenverband EAMSP weiß man nach eigener Aussage nichts über eine Beschwerde. Im August - also erst nach Eröffnung des Pilotverfahrens - hatten die Mitglieder beschlossen, sich verstärkt für die Gleichberechtigung ausländischer Versandapotheken einzusetzen. Über die Mittel entscheidet dabei offenbar alleine der Vorstand, dem neben Sanicare-Chef Johannes Mönter ein Vertreter von DocMorris - bis vor kurzem Ralf Däinghaus, heute Olaf Heinrich - und Klaus Gritschneder von der Europa Apotheek Venlo angehören.

Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes hat sich mittlerweile mindestens eine weitere niederländische Versandapotheke für den Beitritt zum Rahmenvertrag angemeldet. Dem Vernehmen nach handelt es sich um die Versandapothekensparte der Apotheek Nieuweschans von Budni-Apothekenchef Jens Apermann. Dieser macht zwar kein Geheimnis daraus, in Brüssel vorstellig geworden zu sein - allerdings ebenfalls erst nach Eröffnung des Pilotverfahrens.

Wer auch immer die Kommission im Juni eingeschaltet hat: Die zuständige Generaldirektion Unternehmen und Industrie will sich zunächst ein eigenes Bild über die deutschen Regelungen machen. In einem Schreiben an die Bundesregierung vom 29. Juli fragt die Behörde nach verschiedenen Details der Bestimmungen des Sozialgesetzbuches V (SGB V).

Über die eigene Position verrät die Kommission bislang nichts. Mittlerweile musste die Bundesregierung auf die Fragen aus Brüssel antworten. Sollte die Erwiderung aus Berlin die Kommission nicht überzeugen, kann sie ein Vertragsvetzungsverfahren einleiten.

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