Porträt

Der Architekt des Patriarchen

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Dr. Bernd Scheifele war einer der wenigen langjährigen Vertrauten des Unternehmers Adolf Merckle. Der Jurist lenkte in den vergangenen 15 Jahren zwei der wichtigsten Konzerne der Unternehmensgruppe - zunächst Phoenix, dann Heidelberg Cement. Vor einem Jahr beauftragte Merckle Scheifele sogar mit der Generalerneuerung seines gewaltigen Firmenimperiums.

Als Anwalt begleitet Scheifele Anfang der 1990er-Jahre für Merckle die Fusion verschiedener regionaler Pharmagroßhändler. Als schließlich im Oktober 1994 Phoenix gegründet wird, vertraut ihm der Patriarch das Amt des Vorstandsvorsitzenden an. Scheifele führte den Konzern in den folgenden zehn Jahren in einer rasanten internationalen Expansion an die Spitze.

Im Februar 2005 folgt der nächste Coup: Scheifele soll für Merckle den Baustoffhersteller Heidelberg Cement sanieren. Mit dem Juristen wechselt auch dessen langjähriger Kollege Dr. Lorenz Näger, seit 1993 zunächst Leiter der Unternehmensentwicklung, später Finanzvorstand bei Phoenix. Scheifele und Näger halten auch beim Pharmahändler weiterhin die Fäden in den Händen; Merckle tritt Scheifele dafür sogar seinen Posten als Aufsichtsratschef ab.

Als Scheifele 2005 von der Schülerzeitung seines ehemaligen Gymnasiums gefragt wird, was einen guten Manager ausmacht, gibt er aus: Schnelligkeit, Bodenhaftung, Integrität. Scheifele liebt es, Entscheidungen zu treffen und zu verantworten. Er analysiert und kontrolliert, er nutzt die Gestaltungsräume, die sich ihm bieten.

Scheifele wird 1958 in Freiburg geboren und wächst mit zwei Geschwistern in einer Beamtenfamilie auf. Nach dem Abitur 1977 will er eigentlich Arzt werden, doch sein Notendurchschnitt reicht nicht. Also Jura. Nach dem Studium in Freiburg und Dijon sowie einem Aufenthalt in den USA promoviert Scheifele zum Thema Kaufrecht. Mit 30 Jahren steigt er als Partner bei der renommierten Wirtschaftskanzlei „Gleiss Lutz Hootz Hirsch“ in Stuttgart ein.

Dort beschäftigt er sich mit Übernahmen und Joint Ventures im In- und Ausland, als seine Kanzlei 1993 ein Mandat aus der Pharmabranche erhält. Nach Ratiopharm will Merckle einen Pharmagroßhändler aufbauen - und damit nicht nur in das Geschäftsmodell des Vaters, sondern auch das des Großvaters in neue Dimension führen.

Scheifele begleitet die Transaktionen mit Erfolg; mit 36 Jahren erhält er vom damals 60-jährigen Firmenpatriarchen das Angebot für den Chefsessel. Nach einem Wochenende Bedenkzeit sagt Scheifele zu. Gemeinsam arbeiten Merckle, Scheifele und Finanzchefin Dr. Susanne Frieß in den folgenden Jahren als Architekten an der kaum überschaubaren Firmenstruktur.

In den Medien gilt Scheifele als „Ziehsohn“ Merckles. Zwar nimmt der Top-Manager auch Führungspositionen in anderen Unternehmen ein, etwa als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck oder als Mitglied im Verwaltungsrat der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Doch dürften diese kaum mehr sein als ein „Hobby“.

Als im Frühjahr 2008 Berichte über eine Neuordnung des Imperiums bekannt werden, fällt auch der Name Scheifele. Nicht die eigenen Söhne, sondern seinen Firmenarchitekten will Merckle der geplanten Holding voranstellen. Diese Pläne haben sich nach den dramatischen Ereignissen der vergangenen Wochen zerschlagen.

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