Empfehlung für „Top Mediziner“

Burda darf Ärzte-Siegel verkaufen

, Uhr
Berlin -

Der Burda-Verlag darf doch Siegel vergeben und an Ärzte verkaufen, mit denen diese sich als „Top Mediziner“ bewerben dürfen. Das Oberlandesgericht München (OLG) hat überraschend ein Verbot aufgehoben, das in der Vorinstanz durch das Landgericht München I (LG) ausgesprochen worden war.

Burda hatte im Magazin „Focus Gesundheit“ regelmäßig eine „Ärzteliste“ veröffentlicht. Wer dabei als „Top-Mediziner“ oder „Focus-Empfehlung“ ausgezeichnet wurde, konnte für eine jährliche Lizenz in Höhe von 1900 Euro netto ein entsprechendes Siegel für die Bewerbung der eigenen Praxis nutzen.

Die Wettbewerbszentrale war dagegen vorgegangen. Verbraucher:innen würden in die Irre geführt, weil eine Spitzenstellung behauptet werde, ohne dass ein dauerhafter Vorsprung aufgrund von objektiven und nachprüfbaren Kriterien vorliege. Maßgeblich seien vielmehr subjektive Kriterien wie die Bewertung durch Patienten, die Kollegenbewertung und die eigene Bewertung. Das sei wettbewerbswidrig.

Zwar mussten bestimmte, in Zusammenarbeit mit der Stiftung Gesundheit definierte Kriterien erfüllt sein, etwa eine Weiterbildungsbefugnis, eine Habilitation, eine leitende Funktion in einem Krankenhaus oder eine führende Rolle oder Referententätigkeit bei einer einschlägigen medizinischen Fachgesellschaft. Auch mussten die Mediziner überhaupt erst in die Liste aufgenommen sein.

Aber genau darin hatte die Wettbewerbszentrale schon ein Problem gesehen, da die Kriterien keine Voraussetzung dafür seien, eine qualitativ bestmögliche Behandlung seiner Patienten zu gewährleisten und sich zur Spitze der Ärzteschaft zählen zu können. „Im Gegenteil liege es näher, dass gerade solche Praktiker, die sich auf die Medizin konzentrieren könnten und nicht mit Leitungstätigkeiten in einem Krankenhaus befasst sein, medizinisch qualitativ hochwertige Arbeit leisten könnten.“

Das LG hatte es genauso gesehen: Anhand der Kriterien lasse sich die Qualität ärztlicher Dienstleistungen nicht vergleichen, da sie ausschließlich auf subjektiven Elementen beruhten, darunter die Kollegenempfehlung oder die Patientenzufriedenheit, und von den Ärztinnen und Ärzten teilweise gar nicht beeinflusst werden könnten. Die von Burda ins Feld geführte Meinungs- und Pressefreiheit werde verlassen, wenn der irreführende Eindruck erweckt werde, es gebe tatsächliche, objektiv nachprüfbare Kriterien, die zur Verleihung des Gütesiegels geführt haben.

Dass Medien regelmäßig darauf angewiesen seien, sich durch Anzeigen finanzieren, rechtfertige nicht die Vergabe von Prüfsiegeln gegen ein nicht unerhebliches Entgelt. „Dass dies eine unübliche, nicht zwingend erforderliche Art der Finanzierung redaktioneller Beiträge ist, zeigt von der eigene Vortrag der Beklagten, wonach die Verteilung der Siegel erst eine Reaktion auf den vor etwa zehn Jahren eingetretenen sogenannten ‚Wildwuchs‘ gewesen sei. Davor wurden die Magazine mit den Ärztelisten ganz offensichtlich anders finanziert.“

Mit welchen Argumenten das OLG diese Entscheidung jetzt kippte, ist noch nicht bekannt. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor.

Guter Journalismus ist unbezahlbar.
Jetzt bei APOTHEKE ADHOC plus anmelden, für 0 Euro.
Melden Sie sich kostenfrei an und
lesen Sie weiter.
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr aus Ressort
Großhändler will alle Abverkäufe wissen
Gehe/AHD will Datenzugriff auf Apotheken
Drogeriekonzern als Versandapotheke
dm: Gesundheitsservices und Pharmahandel