Steuerberater

Bellinger geht zur ETL-Gruppe

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Berlin -

Steuerberater Dr. Bernhard Bellinger schließt sich der ETL-Gruppe an, die die Mehrheit an seiner Kanzlei übernimmt. Zum 1. Juli tritt Bellinger dem Verbund bei, dem Steuerberater aus verschiedenen Branchen angehören. Mit dem Neuzugang stärkt ETL die eigene Position im Bereich Apotheken maßgeblich.

ETL übernimmt 51 Prozent der Anteile an der neuen Gesellschaft, der Rest entfällt auf Bellinger und Berater aus seiner Kanzlei. Für sein Team aus mehr als 30 Mitarbeiter:innen ändert sich Bellinger zufolge nicht viel, inhaltlich blieben die Kanzleien im Verbund nämlich unabhängig. Die Gruppe funktioniert eher wie ein Franchisekonzept, das den angeschlossenen Kanzleien verschiedene Dienstleistungen anbietet – und natürlich an den Gewinnen partizipiert.

ETL ist nach eigenen Angaben Marktführer im Bereich Steuerberatung und zählt sich mit einem Gruppenumsatz von 979 Millionen Euro zu den Top 5 der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften in Deutschland. Neben der Steuerberatung zählen Wirtschaftsprüfung, Rechts- und Unternehmensberatung sowie IT zu den Geschäftsbereichen.

Zu den nach Unternehmensangabe mehr als 210.000 Mandant:innen zählen bislang auch einige hundert Apotheken. Dieser Bereich wird mit der Übernahme der Kanzlei Bellinger deutlich ausgebaut – ein erklärtes Ziel der ETL. 130 Apotheken könnten auf einen Schlag dazukommen, müssen dem Wechsel allerdings im Einzelfall zustimmen. Da die Ansprechpartner in der Kanzlei dieselben bleiben, hat Bellinger diesbezüglich keine Sorgen.

In der Branche ist Bellinger einer der prominentesten Steuerberater, an dem sich die Geister scheiden: Manchen gilt er als Enfant Terrible in einer für stille Zurückhaltung bekannten Branche. Auf der anderen Seite wird die Expertise des Fachanwalts für Steuerrecht auch außerhalb seines Mandatenkreises geschätzt. Bellinger berät etwa den Zusammenschluss der Softwarehäuser Adas in wichtigen Apotheken-Steuerfragen und hat den Verband sogar schon beim Bundesfinanzministerium (BMF) im Gesetzgebungsverfahrung bei den Kassensicherungsgesetzen vertreten. Bei der Bundesfinanzakademie war er als Referent zu den Themen Kassennachschau und TSE geladen. Dazu stehe ich auch im Meinungsaustausch mit Fachausschüssen der Finanzverwaltung.

Der Steuerberater ist überzeugt, dass er die Apotheken bei der Umsetzung der Kassensicherungsverordnung vor größerem Schaden bewahrt hat. „Im ursprünglichen Entwurf war eine Zertifizierung nach jedem Update vorgesehen, das hätte die Apotheken Anfang 2020 komplett lahmgelegt“, so Bellinger. Darauf habe er in einem Gutachten an das BMF im Auftrag der Adas hingewiesen, die Verordnung sei darauf entsprechend angepasst worden.

Für die Apotheker:innen hat Bellinger schon zwei Verfahren von grundsätzlicher Bedeutung vor obersten Bundesgerichten geführt. Der Bundesfinanzhof (BFH) entscheid Ende 2014, dass Apotheker mit PC-Kasse bei einer Betriebsprüfung jeden einzelnen Geschäftsvorfall belegen müssen. Bellinger hatte versucht, den Datenzugriff des Fiskus zu begrenzen.

Der andere Grundsatzstreit drehte sich um den Kassenabschlag. Etliche Krankenkassen hatten die Differenz in Folge einer Absenkung des Zwangsrabatts für das Jahr 2009 zu spät zurückgezahlt. Weil die Frist von zehn Tagen teilweise deutlich überschritten wurde, sahen Bellinger und einige seiner Kollegen den Anspruch als erloschen an und forderten den kompletten Kassenabschlag zurück. Doch das Bundessozialgericht (BSG) befand 2015, dass eine solche Sanktion unzumutbar wäre und verschonte die Kassen. Bellinger zufolge hat sich immerhin die Zahlungsmoral der Kassen seitdem spürbar verbessert.

Nach dem Zusammenschluss mit ETL denkt Bellinger aber nicht ans Aufhören: Er hat einen Geschäftsführervertrag über sieben Jahre unterschrieben und sieht die Chance, in einem größeren Verbund noch aktiver für die Apothekerschaft insgesamt zu werden. „Ich verstehe mich auch als Sprachrohr der Apotheken und habe als Ziel, die Apotheken gerade nicht, wie viel zu oft, als Zielscheibe unmöglicher Zumutungen sowohl aus der Finanzverwaltung als auch aus dem Gesundheitsministerium degradieren zu lassen.“

Und warum ist er dann nicht gleich zum Branchenprimus Treuhand Hannover gegangen? Bellinger zufolge hat es schon früher durchaus Anfragen aus Hannover gegeben. Den Umgang habe er aber zuletzt als so „respektlos“ empfunden, dass die Gespräche von ihm nicht fortgesetzt worden seien.

 

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