Kritik an kostenpflichtigen Bürgertests

Zambo: Lauterbach vernichtet Test-Strukturen

, Uhr
Berlin -

Das neue Konzept für die bislang kostenfreien Bürgertests, das heute durch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellt wurde, wird vom Landesapothekerverband Baden-Württemberg scharf kritisiert.

„Die große Masse derer, die sich schnell und ohne viel Aufwand die Frage beantworten wollen, ob sie Corona-positiv oder negativ sind, wird ab Juli dafür bezahlen müssen. Es steht zu befürchten, dass sich viele Menschen angesichts der ohnehin durch hohe Energie- und Lebensmittelpreise belasteten Geldbörsen gar nicht mehr testen lassen“, warnt Verbandspräsidentin Tatjana Zambo. „Mit dieser Entscheidung verabschiedet sich der Bund de facto aus der bislang erfolgreichen Teststrategie und vernichtet das gut etablierte und wirkungsvolle Kontrollsystem zur Früherkennung des Infektionsgeschehens.“

Die Testverordnung schafft ab Juli die kostenfreien Bürgertestungen laut Zambo nahezu vollständig ab. Nur definierte vulnerabler Personengruppen, wie Kinder bis zum 5. Lebensjahr oder Frauen zu Beginn der Schwangerschaft, hätten noch einen Anspruch auf für sie kostenfreie Testungen. Einige wenige weitere Personengruppen, darunter die Menschen, die in der Corona-Warn-App ein erhöhtes Risiko angezeigt bekommen, hätten zwar ebenfalls einen Anspruch, müssten aber zukünftig eine Eigenbeteiligung von 3 Euro leisten und tragen damit knapp ein Drittel der ebenfalls durch die Verordnung abgesenkten Erstattungssätze für die testenden Einrichtungen.

Den Testzentren würden die Materialkosten und auch der Honoraranteil für das Testen um je einen Euro gekürzt. Gleichzeitig werde den testenden Einrichtungen auch noch die Kontrollaufgabe zugewiesen, die anspruchsberechtigten Gruppen von den Gruppen mit Eigenbeteiligung und den Voll-Zahlern zu unterscheiden.

Für Zambo ist klar: „Mit zum Teil riesigem Aufwand haben sich die Apotheken in den Bürgertestungen engagiert – und zwar mit voller Überzeugung. Und jetzt? In einer testenden Apotheke wird die Nachfrage deutlich sinken. Gleichzeitig müssen jede Menge zusätzliche Kontroll- und Dokumentationsaufgaben geleistet werden, um die Berechtigten von den Nicht-Berechtigten, die Selbstzahler von den Eigenbeteiligungszahlern und den Nicht-Zahlern zu unterscheiden. Dafür gibt es gleichzeitig weniger Geld. Wie sich diese neue Testverordnung auswirken wird, kann sich jeder selbst leicht ausrechnen!“

Sie bedauert die Entscheidung des Bundes: „Aus Sicht des Infektionsschutzes – und das ist die Sicht, die wir Apothekerinnen und Apotheker haben – ist die Entscheidung nicht nachvollziehbar. Das sieht offenbar auch Minister Lauterbach so, der die neuen Regelungen ausdrücklich mit Blick auf die finanziellen Belastungen des Bundes argumentiert hat und nicht mit Blick auf den Infektionsschutz. Um der Pandemie aber wirkungsvoll entgegen zu treten, ist das aber das falsche Signal. Einer Virus-Pandemie kann man nicht fiskalisch entgegentreten.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte