„Angriff auf die lokale Wirtschaft“

Wegen Jauch: Apotheker stornieren Anzeigen

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Berlin -

Weil ihre Lokalzeitungen einen Beileger von Shop Apotheke veröffentlicht haben, ziehen zehn Apothekerinnen und Apotheker aus dem Taunus jetzt Konsequenzen. Sie haben alle Anzeigen beim Verlag storniert – nicht weil sie beleidigt sind, sondern weil sie finden, dass man vor Ort besser zusammenarbeiten sollte.

Benjamin Kleindienst aus Usingen hat sowohl die Taunus-Zeitung als auch den Usinger Anzeiger abonniert. In dieser Woche fiel ihm beim Durchblättern ein Beileger von Shop Apotheke in die Hand. Auf vier A4-Seiten wirbt der Versender mit TV-Promi Günther Jauch für das Einlösen von E-Rezepten – inklusive Rabattcode, mit dem man bei jedem E-Rezept bis zu 10 Euro sparen kann, und ausführlicher Anleitung, wie das Einlösen mit der App funktioniert.

„Ich war natürlich nicht sehr begeistert“, sagt Kleindienst. „Ich habe kein Problem damit, wenn die Versender ihre Anzeigen in überregionalen Medien schalten. Aber das hier sind lokal erscheinende Zeitungen, die wir seit Jahren mit unseren eigenen Anzeigen unterstützen. Ich schalte jede Woche mehrere, gebe gutes Geld dafür aus, und dann bekomme ich so etwas vor den Latz geknallt.“

Dr. Schamim Eckert sieht es genauso. „Ich schalte regelmäßig Anzeigen in den Lokalblättern, das kostet mich ein Vermögen. Und ich mache wirklich jede Aktion des Verlags mit. Meine Einstellung ist, dass lokale Partner vor Ort sich gegenseitig unterstützen sollten. Wir wissen ja, dass es den Printmedien auch nicht gut geht.“ Und dann so etwas. „Ich bin entsetzt, dass wir als langjährige Partner so behandelt werden.“

Gemeinsamer Wutbrief

Während Kleindienst seinem Ärger direkt beim zuständigen Anzeigenvertreter Luft machte, trommelte Eckert die Kolleginnen und Kollegen im ehemaligen Notdienstkreis zusammen. Gemeinsam unterzeichneten am Ende zehn Kolleginnen und Kollegen einen „Wutbrief“ an den Verlag – und kündigten mit sofortiger Wirkung alle laufenden und zukünftigen Anzeigenbuchungen.

Von einem „massiven Vertrauensbruch“ ist in dem Brief die Rede: „Als langjähriger, verlässlicher Kooperationspartner aus dem lokalen Apothekenwesen fühlen wir uns durch diese Entscheidung in höchstem Maße vor den Kopf gestoßen. Die Bewerbung eines ausländischen Versandhändlers, der die Grundpfeiler unseres solidarisch organisierten Gesundheitssystems untergräbt, ist nicht mit unserer Überzeugung – und unserem täglichen Einsatz für die Menschen vor Ort – vereinbar.“

10 Euro pro E-Rezept spendiert der Versender.Foto: privat

Solche Anzeigen stellten einen „klaren Angriff auf die lokale Wirtschaft und eine Schwächung der kommunalen Infrastruktur“ dar: „Sinkende Gewerbesteuereinnahmen, Arbeitsplatzverluste und die weitere Verödung unserer Innenstädte sind die absehbaren Folgen.“

Obendrein rufe die Werbung zur Umgehung der Arzneimittelpreisverordnung und des Heilmittelwerbegesetzes auf – beides „eklatante Brüche gegen das deutsche Recht“. Das Solidarsystem werde durch die ausländischen Versender „geschröpft“, was die Finanzierbarkeit des ohnehin fragilen Gesundheitswesens gefährde.

„Bevor es zu spät ist ...“

Auch berge die Gleichsetzung von Arzneimitteln mit herkömmlichen Konsumgütern nicht nur wirtschaftliche Risiken, sondern gefährde auch die Gesundheit der Bevölkerung. „Während andere Länder, wie die USA, mit den Folgen einer enthemmten Kommerzialisierung im Gesundheitsbereich ringen, leisten wir – die Apotheken vor Ort – tagtäglich einen unverzichtbaren Beitrag zur Versorgungssicherheit.“ Im Gegensatz zu den ausländischen Versendern leiste man beispielsweise Notdienst. „Rund um die Uhr sind wir für unsere Patientinnen und Patienten da – persönlich, kompetent und gesetzeskonform.“

Man bedauere diesen Schritt, sehe aber angesichts der aktuellen Anzeigenpolitik des Verlags keine andere Möglichkeit. „Wir fordern Sie auf, Ihre Haltung zu überdenken und sich wieder klar zu Ihren regionalen Partnern zu bekennen – bevor es zu spät ist.“

Eckert findet, dass es Zeit war zu handeln: „Eine Aktion führt zu Reaktion. Es passiert gar nichts, wenn wir einfach nur das Gespräch suchen“, so die Inhaberin der Glocken-Apotheke in Neu-Anspach.

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