„Ich muss mich nicht rechtfertigen“

Vulgäres Lied bei Instagram: Kammer schreibt Apotheker an

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Berlin -

Instagram wird von Apotheken recht unterschiedlich genutzt. Der Münchener Apotheker Athanasios Ourdas lädt auf der Plattform regelmäßig Videos hoch, in denen er den Alltag in der Apotheke überspitzt darstellt. Für seine Beiträge bekommt er nicht nur Beifall. Bei der Apothekerkammer ging jüngst eine Beschwerde ein, weil er auch vulgäre Liedertexte in seinen Videos verwendet – er solle seine Videoinhalte überdenken, hieß es.

Ourdas ist seit fast neun Jahren selbstständig und will mit seinem Instagram-Account „mit Humor“ den Arbeitsalltag in der Apotheke darstellen. Viele Videos handeln von der Kundschaft und deren teils kuriosen Wünschen wie eine „Quittung für Traubenzucker“, einen Preisnachlass oder nach Geschäftsschluss versorgt zu werden.

Mitunter geht er bei der Darstellung an die Grenze oder darüber hinaus, wie manche Nutzer:innen beschreiben. Bei der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK) ging eine Beschwerde wegen eines Videos ein, in dem er ein Lied von „SUV Whatever“ benutzt, in dem unter anderem Textpassagen wie „Freitag, Freitag, Fotzen-Freitag“ vorkommen. Der Inhaber zeigt dabei noch kurz Vagisan-Produkte.

Apothekerkammer weist auf Beschwerde hin

Die Kammer meldete sich daraufhin schriftlich bei Ourdas und wies ihn auf die Beschwerde hin. „Mir wurde nahegelegt, die Inhalte des Videos als Heilberufler zu überdenken. Die Kammer sah mit dem Schreiben den Vorgang als beendet an“, sagt er. „Ich muss mich nicht rechtfertigen und mache nichts Unrechtmäßiges oder beleidige jemanden.“ Bei Social Media gebe es Trends und das Lied sei „viral“ gegangen.

Auf Nachfrage hieß es von der Kammer: Die angesprochene Apotheke und ihr öffentlicher Auftritt würden weiterhin aufmerksam beobachtet. Weiter will man sich bei der Apothekerkammer zu diesem Thema nicht äußern. Man könne „aus rechtlichen Gründen grundsätzlich keine Auskünfte zu berufsrechtlichen Verfahren gegen einzelne Mitglieder geben – weder zum Inhalt noch zum Stand oder möglichen Ergebnis“, sagt eine Sprecherin. Beim Bayerischen Apothekerverband (BAV) will man die Inhalte ebenfalls nicht kommentieren. „Die Wahl der geeigneten Zielgruppenansprache obliegt zunächst den Apothekeninhaberinnen und – inhabern“, sagt ein Sprecher und verwies an die Kammer.

In der Berufsordnung ist das Verhalten gegenüber Patient:innenen, Kolleg:innen und Angehörigen anderer Gesundheitsberufe geregelt. „Sie dient dazu, die Qualität der apothekerlichen Tätigkeit sicherzustellen und das Ansehen des Berufsstandes zu wahren.“ Zudem solle sie berufsunwürdiges Verhalten verhindern, heißt es dort.

Apotheker wurde schon beleidigt

Die Kritik nimmt der 40-jährige Inhaber gelassen entgegen. „Ich nehme alles mit Humor und muss mit Reaktionen rechnen.“ Teilweise werde er in privaten Nachrichten wegen seines Auftritts beleidigt und rassistisch angegangen. „Ich spiele da eine Person – das bin ja nicht ich. Was mich ärgert ist, wenn Leute mich anonym kritisieren.“ Er selbst sei ein Apotheker, der seinen Job gut mache; bei Instagram sieht er sich als „Creator“ oder „Künstler“. Über die Videos definiere er sich nicht. „Ich bin seriös in meinem Beruf.“

Kritik gibt es nicht nur seitens der Apothekerschaft. Auch unter den OTC-Herstellern beäugt man die Videos des Inhabers mit einem Kopfschütteln: „Nach meinem persönlichen Empfinden wird hier eine Grenze überschritten, die weder mit einer freien persönlichen und unternehmerischen Entfaltung noch mit der schnöden Rechtfertigung erfolgreichen digitalen Marketings oder dem Generieren von Followern oder Likes gerechtfertigt werden kann. Dem Berufsstand des Apothekers im Allgemeinen und der Vor-Ort-Apotheke im speziellen erweist Herr Ourdas meines Erachtens einen Bärendienst“, sagt ein leitender Angestellter eines deutschen Unternehmens.

Seit Ende 2023 inszeniert sich Ourdas über den Instagram-Account als „frustrierter Apotheker“. Rund 3100 Menschen folgen ihm und er veröffentlichte insgesamt rund 460 Beiträge. Sein Team steht ihm zufolge hinter ihm und unterstützt ihn bei den Aufnahmen. „Sie schicken auch Ideen oder schreiben besondere Vorfälle in unser Content-Buch. Es passiert so viel, da kann man sich nicht alles merken.“ Am erfolgreichsten sei etwa ein Video, in dem er seine Kundschaft mit einem Wassersprüher „erziehe“ – mit rund 1,6 Millionen Views, wie er sagt.

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