Apotheker warten auf Lieferung

Schnelltests werden unterwegs teurer

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Berlin -

Discounter und Drogeriemärkte haben teilweise Corona-Laientests verschiedener Anbieter gleichzeitig in den Regalen. Die großen Ketten spielen im Einkauf ihre Marktmacht aus, während Apotheker an der Beschaffung derzeit häufig verzweifeln. Versprochene Ware kommt trotz Vorkasse nicht oder wird auf dem Weg plötzlich teurer. Ein Apotheker berichtet von seiner Odyssee.

In den sozialen Medien dominiert das Thema unter Apotheken derzeit: Wer hat eine gute Quelle für Schnelltests, wer kennt verlässliche Lieferanten? Angeblich soll sich der Markt in der 15. Kalenderwoche, also Mitte April, entspannen und mehr Schnelltests verfügbar sein. Andererseits steigt auch der Bedarf weiter an, da immer mehr Bundesländer Schnelltests in ihre Öffnungsstrategien einbeziehen.

Apotheker Ingo Apel aus dem niedersächsischen Bad Bevensen war der Empfehlung eines Kollegen gefolgt: Beim Händler Perla bestellte er bereits am 9. März 1300 Hotgen Laientests für die kommende Woche bestellt. Der Händler aus Lübeck ist Teil der Corona-Kooperationsbörse Mecklenburg-Vorpommern und macht einen seriösen Eindruck. Auch der Preis von 3,50 Euro stimmte.

Allerdings müssen die Apotheken in Vorkasse gehen. Schon in der ersten Mail zur Auftragsbestätigung machte der Lieferant Druck: „Da heute der letzte Abgabetermin ist für die Reservierung, muss das Geld morgen noch auf das Konto überwiesen werden, um die Reservierung für die gewünschte Anzahl zu vollbringen“, schrieb Geschäftsführer Rutger Wolters. Gegenüber APOTHEKE ADHOC bestätigte er, dass er in der aktuellen Phase nur gegen Vorkasse liefert. Er könnte derzeit einfach keine Zeit und Energie aufbringen, um Mahnungen zu verschicken. Bei Apotheken habe er allerdings keine schlechten Erfahrungen damit gemacht, die zahlten immer, berichtet Wolters. Wenn wieder ausreichend Ware da ist, will er an Apotheken auch wieder auf Rechnung liefern.

Apel ging in Vorleistung – und wartet seitdem auf seine Ware. Die Schnelltests sind bis heute nicht geliefert. Am 22. März entschuldigte sich Wolters für die verzögerte Lieferung. Die Ware sei erst jetzt in Amsterdam angeliefert worden und befinde sich noch bei der Verzollung. Sogar ein Video aus dem Zollager in Amsterdam schickte er mit. Zu sehen sind palettenweise Kartons von Hotgen.

Die Ware war also da, doch es gab ein neues Problem: „Diese Lieferung ist allerdings von einem anderen Lieferanten, bei dem wir nicht die gewünschten Preise erhalten. Unser Lieferant, von dem wir zuerst geordert haben, kann wohl angeblich erst im Laufe der nächsten Woche liefern.“ Aufgrund der ständig neuen Anfragen habe man „B Plan vorgezogen“ und „die Ware teurer zugekauft als wir geplant und versprochen haben“. Als Beweisstück wird die Rechnung des jetzigen Lieferanten mitverschickt.

Wolters hat selbst den Verdacht, von seinem Lieferanten getäuscht worden zu sein: „Wir gehen stark davon aus, dass unser Lieferant die erste Bestellung anderweitig teurer an andere Kunden verkauft hat und uns seit einer Woche Geschichten erzählt“, schrieb er an den Apotheker. Es sei derzeit wirklich ein verrücktes Geschäft. Gegenüber APOTHEKE ADHOC sprach er sogar davon, dass ihm ein Lieferant angesprungen sei. Seit zwei Wochen sei der abgetaucht – zusammen mit der sechsstelligen Vorkasse.

Diese neu beschaffte Ware kann Perla nun zu einem Preis von 4,70 Euro netto anbieten. Apotheker Apel hat eine korrigierte Rechnung bekommen, in der seine Anzahlung zum neuen Maskenpreis verrechnet ist. Das kommt ihm komisch vor. Er hätte zumindest eine Stornorechnung erwartet.

Rutgers betont gegenüber dem Apotheker sowie auf Nachfrage, dass die Apotheken ihre Bestellungen auch stornieren könnten, dann erhielten sie ihr Geld zurück. Doch seiner Erfahrung nach würden die meisten lieber warten – zumal die Preise weiter steigen: Aktuell würden die Hotgen Schnelltests ab 10.000 Stück zu 5,20 Euro netto angeboten, schreibt Wolters.

Perla hat nach Wolters Angaben von 20 Apotheken Bestellungen aufgenommen, 17 davon seien beliefert worden. Das wäre zumindest ein bemerkenswerter Zufall, denn ausgerechnet Apotheker Erich Henke, der den Kontakt zu Perla vermittelt hat, wartet auch noch die Hälfte seiner Bestellung. 2500 von 5000 Tests hat er erhalten. Einige hundert Tests hat er noch übrig, die Nachfrage ist groß. Er will trotzdem weiter auf die Lieferung warten. Mit Perla habe er schon bei der Beschaffung von Masken gute Erfahrung gemacht, berichtet Henke.

Auch Wolters ist zuversichtlich: 1,5 Millionen Tests bekomme er jetzt, die wiederum aktuell noch beim Zoll lägen. Deshalb nimmt der Unternehmer vorerst keine neuen Aufträge mehr an. Er möchte den Kunden verlässliche Zusagen machen.

 

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