Fixzuschlag sinkt

Kartenzahlung lässt Margen schmelzen

, Uhr
Berlin -

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte kurz vor Weihnachten seine Pläne zur Apothekenhonorar- und Apothekenstrukturreform vorgelegt. Unter anderem ist eine Kürzung des prozentualen Zuschlags der Apothekenvergütung geplant. Die Folge: Die Marge schmilzt. Hochpreiser werden zum Verlustgeschäft, vor allem bei Privatrezepten, die mit Karte bezahlt werden.

Gemäß Arzneimittelpreisverordnung wird zur Berechnung des Apothekenabgabepreises ein Festzuschlag von 3 Prozent erhoben. Doch Lauterbach will den Zuschlag kürzen. „Um eine sachgerechtere Verteilung der Vergütung zwischen den Apotheken zu erreichen, wird ab 2025 der prozentuale Anteil der Apothekenvergütung auf 2,5 Prozent angepasst, um Preisanstiege zu kompensieren. In einem zweiten Schritt erfolgt im Jahr 2026 eine Anpassung auf 2 Prozent“, heißt es in Lauterbachs Eckpunktepapier.

Die Folgen liegen auf der Hand. Die Apothekenvergütung sinkt. Vor allem bei Hochpreisern sind die Umsatzeinbußen groß, und zwar nicht zu Lasten der gesetzlichen Kassen. Betroffen sind auch Privatrezepte.

Bei Hochpreisern gibt es schon jetzt mehrere Probleme – das hohe wirtschaftliche Risiko durch Retaxgefahr, Preissenkungen und den Zahlungsausfall bei Selbstzahler:innen. All das kann schon jetzt der Festzuschlag von 3 Prozent nicht abfedern. Sinkt dieser, werden Hochpreiser für die Apotheke immer mehr zum existenzbedrohenden Risiko und zum Verlustgeschäft.

„Bei einer so extrem niedrigen Handelsspanne, würde kein anderer Händler ein solches Risiko eingehen. Wir müssen versorgen“, appelliert Apotheker Andreas Binninger. „Dabei ist der Preistreiber bei Hochpreisern nicht der Fixzuschlag in Höhe von 3 Prozent, sondern die Mehrwertsteuer.“ Binninger gibt ein Beispiel: Für Revlimid (Lenalidomid) 5 mg N1 wird eine Mehrwertsteuer in Höhe von rund 1200 Euro fällig. Zum Vergleich: Die Marge der Apotheke liegt bei gerade einmal 194 Euro. „Die Senkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel wird eine Entlastung für die Kassen bringen. Der einzige ‚Gewinner‘ bei hochpreisigen Arzneimitteln ist derzeit der Staat.“

Doch nicht nur die Absenkung des Fixzuschlages lässt die Marge sinken – auch die Gebühren für Kartenzahlungen. „Die Dilettanten in Berlin haben keine Ahnung, welche Probleme die Absenkung mit sich bringt. Das ist nicht zu Ende gedacht“, ärgert sich Binninger. Stichwort Kartenzahlung. „In Berlin fehlt jedes Verständnis für die kaufmännische Realität und welche weitreichenden Auswirkungen die geplanten Änderungen haben können.“

Selbstzahlende haben in der Apotheke mehrere Möglichkeiten die Kosten für Privatrezepte zu begleichen. Barzahlung, Kartenzahlung mit diversen Karten und Direktabrechung sind einige Möglichkeiten. Den geringsten Aufwand und den geringsten Verlust hat dabei die Barzahlung. Abtretungserklärungen und die daraus resultierende Direktabrechung mit der Kasse erzeugt einen hohen Verwaltungsaufwand und somit zusätzliche Kosten. Hinzukommt der Zahlungsverzug. Davon kann auch Binninger ein Lied singen. „Aktuell habe ich dieses Problem bei zwei privaten Kassen, mit denen ich direkt abrechne. Darüber hinaus wird Laufkundschaft keine Abtretungsvereinbarungen eingehen, sondern direkt bezahlen wollen. Bei Stammkunden mit Rechnung, besteht ein Risiko des Zahlungsausfalls.“ Dabei war die Abtretungserklärung vor einigen Jahren die Lösung, zur Abrechnung mit Privatversicherten, denn schon vor Jahren ließen die Gebühren bei Kartenzahlungen die Margen schmelzen.

Zwar entfallen all die Probleme bei einer Kartenzahlung, doch auch die ist für die Apotheke unter Umständen schon jetzt ein Verlustgeschäft oder wird es spätestens mit der Kürzung des Fixzuschlages.

„Die Abrechnungs-Gebühren für Debit- und Kredit-Karten können bei 1 bis 3 Prozent liegen“, so Binninger. Dabei sind die versteckten Kosten nicht miteinberechnet. Denn mitunter kommt es auf das Kleingedruckte an. So können beispielsweise bei Firmenkreditkarten zusätzliche 1,3 Prozent Gebühr obendrauf kommen.

„Der Markt ist unübersichtlich und die erste Herausforderung besteht darin, einen Dienstleister zu finden, der möglichst niedrige Gebühren verlangt, ohne weitere versteckte Kosten“, so der Apotheker. „Selbst wenn man bei nur 1 Prozent Abrechnungsgebühr liegt, tut das schon weh, bei knapp 3 Prozent Handelsspanne.“ Wer einen günstigen Dienstleister gefunden hat, steht direkt vor der nächsten Herausforderung, und zwar nicht nur einmal, sondern bei jeder Kartenzahlung. „Ich muss genau gucken, um welche Karte es sich handelt. Was angesichts zunehmender Handyzahlungen noch erschwert wird.“

Binninger hat den Ertragsverlust durch Disagio genau nachgerechnet. Sinkt der prozentuale Fixzuschlag, liegt der Rohertrag mitunter unter dem Fixzuschlag. „Wir wechseln nur noch Geld.“ Oder zahlen unter Umständen drauf.

Beispiele

Kostet ein Arzneimittel im Einkauf 500 Euro netto, liegt der Rohertrag nach Arzneimittelpreisberechnung bei 23,35 Euro. Liegt das Disagio bei Kartenzahlung bei 1 Prozent, sinkt der Rohertrag auf 18,11 Euro abzüglich der Transaktionsgebühr. Zum Vergleich bei einem Fixzuschlag von 2 Prozent und gleichbleibendem Disagio sinkt der Rohertrag auf nur 13,07 Euro – bei Barzahlung 18,35 Euro.

Mit steigendem Arzneimittelpreis sinkt der Rohertrag immer mehr. Liegt der Einkaufspreis bei 2500 Euro liegt der Rohertrag bei 3 Prozent Aufschlag bei 83,35 Euro. Bei einem Disagio von 2 Prozent sinkt dieser auf 31,67 Euro. Bei einem Aufschlag von nur 2 Prozent bleiben der Apotheke nach Abzug aller Kosten für die Kartenzahlung nur noch 7,08 Euro. Wird ein Hochpreiser mit einem Einkaufspreis von 9800 Euro mit Karte bezahlt und liegt der Aufschlag bei 2 Prozent, liegt der Rohertrag der Apotheke bei 4,16 Euro. Der Ertragsverlust durch Disagio beträgt 200,20 Euro, wenn dieser bei 2 Prozent liegt. Der Anteil der Mehrwertsteuer liegt hingegen bei 1900,90 Euro.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Mehr zum Thema
Gemeinsame Stellungnahme der Länder
Krankenhausreform: Länder fordern Änderungen

APOTHEKE ADHOC Debatte