Apotheken-EDV

Harvoni: 22.260 Euro auf Pump

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Berlin -

Erneut bereitet den Apotheken ein neues Präparat zusätzliche Arbeit, weil es noch nicht in der Software gelistet ist, aber schon verordnet wird: Das Hepatitis-C-Präparat Harvoni (Ledipasvir/Sofosbuvir) von Gilead ist seit Ende November in Deutschland erhältlich, wird aber erst am 15. Dezember in der Lauer-Taxe erscheinen. Das bringt Probleme bei der Abrechnung – besonders, weil das Präparat 22.260,88 Euro kostet.

Die EU-Kommission hatte am 17. November die Zulassung für Harvoni erteilt. Gilead hatte sich daraufhin entschieden, die Listung nicht abzuwarten, sondern das Präparat sofort auf den Markt zu bringen. In der Apotheken-Sotware soll Harvoni ab Montag gelistet sein.

In einem Schreiben an Apotheker betonte der Hersteller Ende November, dass die Listung keine Voraussetzung für Verschreibung oder Erstattung sei. Die Apotheke erwerbe ihren Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse, wenn drei Voraussetzungen erfüllt seien: Das Arzneimittel müsse in Deutschland zugelassen sein, der Hersteller müsse die abrechnungsrelevanten Daten bereitstellen und es müsse ein Rezept vorliegen.

Der Hersteller erklärte weiter: „In der Regel ist in den Arzneimittellieferverträgen eine Abrechnungsmöglichkeit vor Erscheinen in der Lauer-Taxe vorgesehen“, so Gilead. In diesem Fall seien unter anderem der Herstellerabgabepreis oder der Apothekeneinkaufspreis und der Name des Lieferanten manuell auf der Vorderseite des Rezeptes anzugeben. Da die Anforderungen aber je nach Vertrag variierten, sollten Apotheker die für sie geltenden Regelungen prüfen.

Die Apotheker erhielten von Gilead ein Blatt mit den für die manuelle Abrechnung relevanten Daten, die die Apotheker an ihr Rechenzentrum weiterreichen sollten. Um die Abwicklung zu erleichtern, habe man außerdem Ärzte mit Rezept-Kuverts ausgestattet, die die nötigen Angaben enthielten, teilte Gilead mit. Und ein weiterer Tipp: Die Bestellung über den Großhandel sei zwar möglich, könne aber nur telefonisch unter der Angabe der PZN erfolgen.

Trotz dieser Informationen sehen Rechenzentren die Vermarktung von Arzneimitteln vor Listung kritisch. Die Hinweise zur manuellen Abrechnung schützten nicht vor Tippfehlern oder falsch übertragenen Angaben, warnt etwa Roman Schaal, beim Rechenzentrum VSA Leiter des Geschäftsbereich Abrechnung. Er hält die manuelle Abrechnung daher für „risikobehaftet“ und empfiehlt, die Rezepte erst im Dezember abzurechnen. Ansonsten bestehe die Gefahr, retaxiert zu werden. Falls Apotheker das Geld nicht vorstrecken könnten oder wollen, gebe es Möglichkeiten, ihnen vorab einen Abschlag zu zahlen. Das werde bilateral mit den Apothekern vereinbart.

Es ist nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass Hersteller ihr Produkt auf den Markt bringen bevor es im Artikelstamm gelistet ist: Bereits das ebenfalls von Gilead stammende Hepatitis-C-Präparat Sovaldi (Sofosbuvir) und das MS-Präparat Tecfidera (Dimethylfumarat) von Biogen Idec waren vor der Listung im Verkehr – und teuer.

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