Kommentar

9 Schritte zum globalisierten Apotheker

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Keine Lust mehr auf das steife Korsett des deutschen Arzneimittelrechts? Kein Problem. Zumindest wenn Sie bereit sind, Ihre Apotheke zur Pick-up-Stelle Ihrer eigenen ausländischen Versandapotheke zu machen. Sie müssen dazu ja nicht einmal über die Grenze fahren - dank Landgericht Ulm und Drogeriekette Schlecker wissen wir ja jetzt, wie das geht. Eine Anleitung für den globalisierten Apotheker.

Schritt 1: Nehmen Sie die BMG-Länderliste und suchen Sie sich ein Domizil Ihrer Wahl: Wie wäre es mit einer Geschäftsadresse in Großbritannien, den Niederlanden, Tschechien (hier nur OTC-Versand!) oder Island? Suchen Sie sich einen Apotheker vor Ort, der für die Einhaltung der Standards haftet.

Schritt 2: Melden Sie Ihre Apotheke bei Kammer und Verband ab. Stornieren Sie eventuelle Daueraufträge. Sagen Sie Ihrem Pharmazierat endlich die Meinung. Verabschieden Sie sich von allen Gemeinwohlpflichten.

Schritt 3: Geben Sie sich einen modischen Titel, am besten gleich mehrere: CEO & President. Hängen Sie ein neues Türschild an Ihr Büro: Einkauf, Healthcare Affairs & Corporate Development. Ihre Mitarbeiter werden Sie mit völlig neuen Augen sehen.

Schritt 4: Gehen Sie auf Tuchfühlung zu Lieferanten und Geschäftspartnern. Erklären Sie Ihrem Großhändler, dass sich Liefer- und Rechnungsadresse künftig unterscheiden. Informieren Sie die Krankenkassen, dass Sie die unternehmerische Diversifizierung anstreben und dass Ihre Rezepte künftig über die ausländische Dependance abgerechnet werden. Der Sachbearbeiter wird das verstehen.

Schritt 5: Kündigen Sie Ihr Personal und stellen Sie es zum halben Preis über Ihre eigene Zeitarbeitsfirma wieder ein.

Schritt 6: Informieren Sie FTD und FAZ. Hier wird man von Ihrem verwegenen Konzept begeistert sein.

Schritt 7: Achten Sie darauf, dass Ihr Laden trotzdem noch nach Apotheke aussieht: Platzieren Sie OTC-Attrappen in der Sichtwahl. Besorgen Sie sich eine Art Apotheken-A. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter weiter Kittel tragen und ab und zu am (leeren) Generalalphabet gesehen werden. Geben Sie weiter Pröbchen und Kalender ab.

Schritt 8: Erklären Sie Ihren Kunden, dass Sie künftig nur noch telefonisch beraten dürfen. Richten Sie Ihr Call-Center am besten gleich im Notdienstzimmer ein. Das brauchen Sie ja ohnehin nicht mehr.

Schritt 9: Am Eröffnungstag: Gutscheine, Luftballons, Schütten und überall Prozentzeichen.

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