Grippeimpfstoffe: 5 Euro Strafe pro Dosis Nadine Tröbitscher, 22.01.2019 09:51 Uhr
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M KAN ON, M KANUEL, O KANUEL: Weil eine Apotheke in der Grippesaison 2016/17 die nicht rabattierte Spritzenvariante beliefert hat, soll sie nun pro falsch gelieferter Impfdosis 5 Euro Strafe zahlen. Foto: Elke Hinkelbein
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Im Oktober erhielt die Anker Apotheke in Miltenberg von Katja Neuerer einen unerfreulichen Brief der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern. Foto: Tom River
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Die Nachprüfung der abgerechneten Sprechstundenbedarfsrezepte habe eine Nichteinhaltung der im Arzneimittelversorgungsvertrag festgelegten Abgaberegeln in der Filiale der Mäander Apotheke ergeben. Foto: Tom River
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Die Apotheke hatte im Oktober und November 2016 den „falschen“ Grippeimpfstoff geliefert und abgerechnet: Statt Afluria mit Kanüle ohne Nadelschutz hatten die Praxen Afluria mit Kanüle mit Nadelschutz erhalten. Foto: Tom River
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Der Abrechnungspreis für beide Varianten ist identisch. Insgesamt wurden 120 Impfdosen nicht vertragskonform geliefert, dafür soll Neurer eine Vertragsstrafe in Höhe von 600 Euro zahlen – 5 Euro pro Spritze. Foto: Tom River
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Die Arbeitsgemeinschaft räumte der Apotheke die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme ein, wovon diese Gebrauch machte. Foto: Elke Hinkelbein
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„Es ist korrekt“, räumt Neuerer den Fehler ein. Drei Verordnungen wurden nicht vertragskonform geliefert. Allerdings sei dies aus Versehen geschehen, denn die einzelnen Afluria-Varianten seien in der Taxe vom Anbieter schlecht differenziert und so eine Verwechslung vorprogrammiert gewesen. Foto: Elke Hinkelbein
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Die AOK Bayern bezieht im Namen der Arbeitsgemeinschaft Stellung. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Einzelne Apotheken sollen entgegen der damals bestehenden Verträge nicht-rabattierte Impfstoffe abgegeben haben. „Diese waren deutlich teurer als die rabattierten Impfstoffe. Dadurch sind der Versichertengemeinschaft finanzielle Schäden entstanden“, so eine Sprecherin. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Nicht nur Neuerer, sondern auch der Bayerische Apothekerverband (BAV) ist bei der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände auf taube Ohren gestoßen. Foto: Elke Hinkelbein
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„Auf unsere Stellungnahme hin, in der ein Abrücken von der finanziellen Strafe gefordert wurde, hat sich die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern nicht eingelassen.“ Stattdessen hat der BAV folgende Antwort erhalten: „Die Höhe der Vertragsmaßnahme liegt im Ermessen und hat neben der Sanktionsfunktion auch eine Funktion als pauschalierter Schadensersatz.“ Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - Die Grippesaison 2016/17 ist für die Apotheken in Bayern noch nicht überstanden. Denn im Wirrwarr um Kanüle und Nadelschutz kassieren einzelne Apotheken zwei Jahre später Vertragsstrafen. Zu Recht, findet die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern: Eine Frist für die Vertragsmaßnahmen nach § 11 des Arzneimittelliefervertrages gebe es nicht; 5 Euro würden pro falsch gelieferter Impfdosis fällig, schließlich sei den Kassen ein finanzieller Schaden entstanden. Zu Unrecht, finden die Apotheken und ihr Verband.
Für den aktuellen Fall muss die Uhr um mehr als zwei Jahre zurückgedreht werden. In der Grippesaison 2016/17 hatten die Krankenkassen in Bayern den saisonalen Grippeimpfstoff nach § 132e Sozialgesetzbuch (SGB V) ausgeschrieben. Die Zuschläge hatten Mylan mit Xanaflu Fertigspritzen ohne Kanüle und Seqirus mit Afluria Fertigspritzen mit Kanüle ohne Nadelschutz erhalten. Der Vertrag erfasste zudem ausschließlich die Packungen zu zehn Impfdosen. Wer gegen den Arzneimittelversorgungsvertrag Bayern verstoßen hat, kassiert nun die Rechnung.
Im Oktober erhielt die Anker Apotheke in Miltenberg von Katja Neuerer einen unerfreulichen Brief der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern. Die Nachprüfung der abgerechneten Sprechstundenbedarfsrezepte habe eine Nichteinhaltung der im Arzneimittelversorgungsvertrag festgelegten Abgaberegeln in der Filiale der Mäander Apotheke ergeben. Die Apotheke hatte im Oktober und November 2016 den „falschen“ Grippeimpfstoff geliefert und abgerechnet: Statt Afluria mit Kanüle ohne Nadelschutz hatten die Praxen Afluria mit Kanüle mit Nadelschutz erhalten. Der Abrechnungspreis für beide Varianten ist identisch. Insgesamt wurden 120 Impfdosen nicht vertragskonform geliefert, dafür soll Neurer eine Vertragsstrafe in Höhe von 600 Euro zahlen – 5 Euro pro Spritze. Die Arbeitsgemeinschaft räumte der Apotheke die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme ein, wovon diese Gebrauch machte.
„Es ist korrekt“, räumt Neuerer den Fehler ein. Drei Verordnungen wurden nicht vertragskonform geliefert. Allerdings sei dies aus Versehen geschehen, denn die einzelnen Afluria-Varianten seien in der Taxe vom Anbieter schlecht differenziert und so eine Verwechslung vorprogrammiert gewesen. „Die einzelnen Varianten sind nur knapp abgekürzt. Die Buchstabenkombination ist kryptisch. Eine Unterscheidung ist nur durch den Zusatz ‚ON‘ möglich“, erzählt die Apothekerin. Ein Blick in die Taxe zeigt das Dilemma: Afluria 2016/17 M KAN ON zu zehn Stück, Afluria 2016/17 M KANUEL zu einer Spritze, Afluria 2016/17 M KANUEL zu zehn Stück und Afluria 2016/17 O KANUEL zu zehn Stück sind untereinander gelistet. Probleme mit dieser Darstellung hatte offenbar nicht nur die Apotheke, sondern auch die Arztpraxis. Denn diese hatte per PZN den Impfstoff mit Kanüle mit Nadelschutz als Sprechstundenbedarf verordnet und somit ebenso gegen den Vertrag verstoßen.
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